Kurzkritik:Alles schwarz

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Sting-Tochter Eliot Sumner im Strom

Von Claus Lochbihler, München

Ein Fender-Bass, wie ihn der Vater spielte, als er noch nicht der Solokünstler Sting, sondern Bassist und Frontman von The Police war. So wunderbar abgenudelt, dass er eigentlich nur ein Geschenk des berühmten Papas sein kann. Dazu eine androgyn-dunkle Frauenstimme, die sich immer wieder auf halbem Weg mit der hohen Stimme von Sting trifft. Und auch das Gesicht verrät den Vater: Hätte Sting lange lockige Haare, die hinter den Ohren präraffaelitisch nach unten fallen - er sähe aus wie seine Tochter.

Aber soll man nur deswegen keine Musik machen, weil man wie der Superstar-Dad aussieht und die Stimme nach ihm klingt? Nein. Man sollte es genauso machen, wie es Eliot Sumner jetzt bei ihrem zweiten Anlauf als Musikerin macht: Sich Vaters Bass umhängen, ansonsten aber kein einziges Wort über ihn verlieren. Und dann sein eigenes Ding durchziehen. So wie jetzt im Strom. Bei Sumner ist das eigene Ding nicht mehr der auf die Charts schielende Elektro-Pop, den sie vor fünf Jahren unter dem Namen "I Blame Coco" herausbrachte. Sondern rockiger New Wave, der so eigenartig düster und kompromisslos noir daher kommt wie das Outfit der Sängerin am Bass: eine kurze schwarze Hose über schwarzen Leggings und dazu ein Riesenzelt von einem T-Shirt, natürlich ebenfalls schwarz. Das gute Dutzend Songs, das sie mit ihrer dreiköpfigen Band herunter brennt, klingt manchmal sehr ähnlich: War das schon wieder "Information" oder doch ein anderer Song? Auf einen harten, mechanistischen Schlagzeugbeat folgen Bass, Gesang und Synthieschlieren, die sich wie grelles Licht auf die Songs legen. Klingt Sumner zu Beginn introvertiert cool und ernst, lässt sie sich im Chorus extrovertiert gehen und vom Sog der Band schlucken.

Eines nämlich kann die Band hervorragend: abgehen. Motor ist Adam Gammage, der am Schlagzeug einen ewig gleichen, krautrockigen Beat durchhält, diesen aber zu immer größerer Intensität verdichtet. Der Mann ist so etwas wie die Starkstrom-Steckdose der Band. Die Energie, die von ihm kommt, nimmt Sumner auf, das Publikum von ihr, und am Ende kommt bei Gammage mehr an, als er eingespeist hat: der Stromkreis eines guten Rock-Konzerts.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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