Kunstfälscher-Prozess:Bilder vor Gericht

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Catrin Lorch ist Kunstredakteurin im Feuilleton. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Einer der größten Prozesse gegen Kunstfälscher ist in Wiesbaden diese Woche zu Ende gegangen. Eine Frage aber bleibt offen. Was passiert mit den Gemälden?

Von Catrin Lorch

Es war einer der größten Prozesse gegen Kunstfälscher, den es je gab: Das Gerichtsverfahren wegen "banden- und gewerbsmäßigen Betrugs und Urkundenfälschung", das vor dem Landesgericht Wiesbaden am Donnerstag zu Ende ging, baute auf Erkenntnissen von hunderten von Ermittlern in Israel, Deutschland, Spanien und der Schweiz auf. Drei Verdächtige kamen im Jahr 2013 in Untersuchungshaft, 1700 Kunstwerke aus einem Wiesbadener Lager waren beschlagnahmt worden, darunter Gemälde im Stil von Kasimir Malewitsch, Natalja Gontscharowa und Wassily Kandinsky. Ihr Wert - wären sie echt - wurde auf eine dreiviertel Milliarde Euro veranschlagt. Das Resultat? Der ehemalige Galerist Itzhak Z. und sein Geschäftspartner Moez Ben H. müssen für drei, beziehungsweise zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müssten sie jedoch wohl nicht in Haft, da die Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Nur drei Betrugsfälle konnten ihnen in dem aufwendigen Verfahren nachgewiesen werden, das sich auf Erkenntnisse aus israelischen Fälscher-Werkstätten stützte und Abhörprotokolle - vor allem aber auf die Expertise von Kunsthistorikern. Es ist keine leichte Übung, 19 einzelnen Kunstwerken gerichtsfest die Authentizität abzuschreiben. Die streitenden Autoritäten, darunter international berühmte Kunsthistoriker und Verfasser von Werkverzeichnissen, machten auch auf wohlwollende Beobachter den Eindruck von "Paradiesvögeln".

Die internationale Szene hat das Urteil dennoch interessiert verfolgt. Denn das Bundeskriminalamt (BKA) und das Wiesbadener Gericht haben bewiesen, dass sie das Fälschen und den Handel mit gefälschter Kunst nicht als Kavaliersdelikt betrachten. Das ist wichtig. Denn es geht nicht nur um betrogene Sammler, sondern auch darum, dass diese Verbrechen der Öffentlichkeit schaden. Russische Avantgarde, eines der schönsten und bedeutendsten Kapitel der Kunstgeschichte, wird nur noch selten ausgestellt. Kaum ein Museum, kaum ein Wissenschaftler wagt es noch, sich damit zu befassen, die brutalen Einschüchterungsversuche und gewieften Manipulationen der Kriminellen sind in der Szene bekannt. Museen wie die Albertina in Wien und das Kölner Museum Ludwig müssen ihre Bestände untersuchen. Ausstellungen unbekannter Meisterwerke, wie eine Schau in Gent Anfang des Jahres, werden nach dem Protest internationaler Experten abgebaut.

Doch ist der Prozess nun ein Signal? Entscheidend ist nicht nur das Strafmaß, sondern auch, was mit den vom BKA beschlagnahmten Kunstwerken passiert. Werden sie herausgegeben und wieder in das Lager der Galerie verfrachtet? Schon vor dem Ende der Verhandlungen hatte Itzhak Z. angekündigt, er werde in Revision gehen, um seinen guten Namen wiederherzustellen, und als Galerist seinen Bilderschatz weiter zu vermarkten. Die Kampagne für die noch bei Gericht lagernden Gemälde läuft: Ein PR-Berater aus dem Umfeld der ehemaligen Galerie hat sich bereits mit der Nachricht, ein Wiesbadener Gericht habe die Echtheit dieser 1700 Kunstwerke bestätigt, bei Zeitungsredaktionen gemeldet.

Anmerkung der Redaktion: "In einer früheren Version des Textes hatte es geheißen, der ehemalige Galerist und sein Geschäftspartner müssten ins Gefängnis. Das trifft nicht zu. Zwar wurden beide zu Freiheitsstrafen verurteilt (noch nicht rechtskräftig). Ins Gefängnis muss wohl keiner der beiden, da die Zeit, die die Angeklagten in Untersuchungshaft verbracht haben, dann auf die Strafe angerechnet wird."

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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