Kunst:Überleben in der Provinz

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Eine Gruppe von Künstlern hat in Sachsen-Anhalt eine Akademie gegründet. Aber wie funktioniert überhaupt künstlerisches Überleben dort? Nancy Jahns über das kreative Arbeiten in der Provinz und was sie tut, um Austausch zu schaffen.

interview Von Catrin Lorch

Dass in Berlin überhaupt noch Menschen leben, die nichts mit Kunst zu tun haben, vergisst man zuweilen. So wie umgekehrt, auch nicht jeder deutsche Künstler heute in Berlin lebt und arbeitet. Doch als eine Gruppe bildender Künstler in Sachsen-Anhalt jetzt eine Akademie gründete, erfreute sich die Initiative an bundesweitem Aufsehen, wohl weil sich viele die Frage stellten: Wie überlebt man als Künstler überhaupt jenseits der Metropolen mit ihren Galerien, Museen und Messen? Offensichtlich nicht schlecht - sagt die 1969 in Stendal geborene Künstlerin Nancy Jahns. Sie ist nach ihrem Studium an der Burg Giebichenstein in Halle geblieben. "Helene Glitz floh" war der Titel einer Ausstellung, in der die Konzeptkünstlerin Fotografien und Alltagsobjekte erzählerisch zusammenstellte. Jetzt gehört sie zu einem Kreis von gut einem Dutzend Künstlern aus Sachsen-Anhalt, die sich zusammengeschlossen haben und Akademie nennen. SZ: Wie lebt es sich als Künstlerin in Sachsen-Anhalt? Nancy Jahns: Die meisten sind nach dem Studium weggegangen, nach Berlin oder Leipzig. Aber es geht ja im Grunde immer nur um die Arbeit und man lebt gut hier. Ich habe viel Raum und kann in Ruhe arbeiten. Und ich liebe die Altmark, ich komme aus Mecklenburg, das ist nicht so weit weg. Natürlich muss man sich bewegen, wenn man in der Provinz lebt - aber das muss man auch an anderen Orten.

Gibt es hier denn ein Publikum und Sammler?

Die Stiftung Moritzburg hat mit Landesmitteln etwas von mir angekauft, was natürlich selten ist. Meine Arbeiten finden hier schon Interessenten, aber insgesamt doch eher in Kiel oder Braunschweig.

Und wie sieht es mit dem Publikum aus?

In Sachsen-Anhalt ist zeitgenössische bildende Kunst zu wenig präsent. Es gibt keine wirklich bedeutenden Galerien und auch nur zwei Kunstvereine. Das ist nicht viel. So bekommt man in der Öffentlichkeit von der Existenz der Kunsthochschule in Halle und ihren Studenten nicht viel mit. Und das ist sicher auch ein Grund, warum die Akzeptanz von Kunst hier nicht eben groß ist. Was die Gestaltung der Stadt betrifft, ist Kunst auch hier eine Marginalie. Geld ist knapp - und wird dann ausgerechnet in dem Bereich gekürzt, wo es um ein freieres Denken geht.

Ist die Akademie als politisches Signal gemeint?

Für mich nicht in erster Linie. Wenn einem Kunst ein Anliegen ist, findet man in Sachsen-Anhalt nicht an jeder Ecke einen Gesprächspartner. Aus dieser Not heraus haben der Künstler Jan Großkreutz und ich vor acht Jahren auch die Produzentengalerie "Raum Hellrot" eröffnet. Und aus ähnlichen Gründen bin ich auch in die Akademie-Gründung mit reingestoßen. Der Ausdruck "Akademie" kommt von Austausch, Auseinandersetzung im Tun. Das soll nach meiner Vorstellung auch die Arbeit dieser Akademie prägen.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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