Kunst:Raubgut

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In den USA wurde mithilfe der Bundespolizei ein Gemälde von Jan Franse Verzijl aus der Sammlung des jüdischen Kunsthändlers Max Stern restituiert. Dies entfacht die Debatte um NS-Raubkunst neu: Wann gilt ein Gemälde als gestohlen?

Von Eva Herzog

Mithilfe der US-Bundespolizei haben die Erben des jüdischen Kunsthändlers Max Stern ein weiteres Werk seiner unter Druck der NS-Behörden veräußerten Gemäldesammlung zurückerhalten. Das Ölbild "Junger Mann als Bacchus" des niederländischen Malers Jan Franse Verzijl (1599-1647) wurde am vergangenen Mittwoch im Museum of Jewish Heritage in New York übergeben.

Im Mai 2015 war das Werk auf der New Yorker Spring-Masters-Kunstmesse beschlagnahmt worden. Nach Verhandlungen mit den Behörden verzichtete die italienische Galerie auf das Werk. Entscheidend war eine Besonderheit des amerikanischen Rechts: Nach den US-Einfuhrgesetzen ist es verboten, Gestohlenes in die Vereinigten Staaten zu bringen. Wurde ein Gegenstand einmal gestohlen, so haftet ihm dieser Makel auf ewig an. Als gestohlen gilt aber nicht nur Kunst, die durch das NS-Regime selbst geraubt wurde. 2007 entschied ein US-Bundesgericht, dass auch diejenigen Bilder Max Sterns, die er 1937 zur Finanzierung seiner Flucht ins kanadische Exil versteigern lassen musste, als Raubkunst anzusehen sind.

Im jüngsten Fall ging die US-Bundespolizei noch weiter: Stern hatte das Werk ein Jahr vor seiner Flucht an einen Düsseldorfer Geschäftsmann verkauft. Obwohl das Bild von privat zu privat den Besitzer wechselte, und dies deutlich vor der Auswanderung des Kunsthändlers, wurde es als gestohlen angesehen. Damit scheinen die US-Behörden den Restitutionsgesetzen der Alliierten nach Kriegsende zu folgen. Diese verstanden nahezu alle Kunstverkäufe von jüdischen Eigentümern nach dem Erlass der Nürnberger Rassegesetze am 15. September 1935 als Zwangsverkäufe. Sollte diese Rechtsauffassung Gehör finden, so werden Bilder, die nach diesem Stichtag von Juden in NS-Deutschland verkauft wurden, wie gestohlenes Gut behandelt und dürfen nicht mehr in die Vereinigten Staaten eingeführt werden. Die Stern-Erben haben angekündigt, etwa 200 weitere Kunstwerke bei Interpol als gestohlen zu melden. Über die internationale polizeiliche Zusammenarbeit möchten sie so auch in Europa Nachforschungen anregen.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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