Kunst:Mensch, Tier, Abstraktion

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Pläne des Franz-Marc-Museums zum 100. Todestag des Malers

Von Sabine Reithmaier, Kochel am See

"Es ist Krieg, wen das Schicksal für's Leben aufbewahren will, den bewahrt es auf. Und den anderen lässt es fallen", schrieb Franz Marc am 23.September 1915 an seine Frau Maria. Da hatte er gerade noch ein knappes halbes Jahr zu leben. Am Nachmittag des 4. März 1916 traf ihn bei einem Erkundungsritt in der Nähe von Verdun ein Granatsplitter am Kopf. Wenige Minuten später starb er. Die 100. Wiederkehr seines Todestags nimmt das Kochler Museum zum Anlass, an seinen Namensgeber im Jahr 2016 mit einer Reihe von Veranstaltungen zu erinnern.

Im Mittelpunkt steht unter dem Titel "Franz Marc - Zwischen Utopie und Apokalypse" eine Ausstellungstrilogie. Jeweils ein berühmtes Werk des Malers bildet den Ausgangspunkt für die Überlegungen der Kuratorin Cathrin Klingsöhr-Leroy. Das Gemälde "Das arme Land Tirol" eröffnet den erstes Zyklus (6.3. bis 5.6.), gefolgt von den "Weidenden Pferden IV" (12.6. bis 11. 9.) und den "Kämpfenden Formen" (18.9. bis 15.1.2017).

Marc war im März 1913 mit Maria nach Südtirol gereist. Die beiden wanderten viel, wie andere Südtirolbesucher auch, begeisterten sich für die Felsmassive, sahen aber auch die mühevolle Plackerei und die Not der Bergbauern. All diese Eindrücke - von den ausgemergelten Pferden über einem Friedhofshügel bis hin zu den schroffen Felsen - verarbeitete Marc unmittelbar darauf in seinem berühmten Tirol-Gemälde. In diesem Frühjahr 1913, einem Jahr, in dem Marc optimistisch und aktiv Pläne schmiedete, entstanden noch zahlreiche weitere und, wie der Maler selbst in einem Brief an August Macke fand, "ganz verschiedene Bilder". Ein Teil davon soll ebenfalls in Kochel präsentiert werden.

Die "Weidenden Pferde IV", eines der wichtigsten Werke Marcs, entstanden bereits 1911 und markieren seinen endgültigen Schritt zur Tierdarstellung als einem zentralen Anliegen seines Werks. Bis dahin hatte er auch noch viele Akte gemalt, doch nun verschwindet der Mensch fast ganz aus seinem Werk. Die "Kämpfenden Formen" hingegen, eines der letzten Bilder Marcs, ist eine der abstrakten Kompositionen, die er schuf, bevor er in den Krieg zog.

Er selbst interpretierte seine Hinwendung zum Abstrakten als Übergang in die reine Spiritualität. "Und vom Tier weg leitete mich ein Instinkt zum Abstrakten, das mich noch mehr erregte", schrieb er im April 1915 an Maria. Vorgestellt werden in dieser Ausstellung, die die Trilogie beschließt, auch die verschiedenen Richtungen, die er auf seinem Weg in die Abstraktion einschlug bis hin zum "Skizzenbuch aus dem Felde".

Neben den Ausstellungen , die durch Installationen von Annika Kahrs und Michaela Melián mit der Kunst der Gegenwart verbunden werden, ist in Zusammenarbeit mit dem Lenbachhaus ein dreitägiges Symposium geplant, das sich als ein Versuch versteht, Franz Marcs Kunst anders zu betrachten und neue Fragen zu stellen (1.-3. Juli). Beispielsweise zu analysieren, wie deutsch Franz Marc war. Oder worauf die von ihm im Krieg formulierte Idee einer "deutschen Leitkultur" beruht. Spannende Fragen, die auch gut in die Gegenwart passen.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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