Kunst:Barbara Weiss ist tot

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Barbara Weiss (1960-2016), eine der einflussreichsten Galeristinnen Deutschlands. Mit trockenem Humor begleitete sie den Aufstieg Berlins zur Kunststadt. (Foto: Jens Ziehe/Galerie)

Sie war eine der Ersten, die im Berlin der Nachwendezeit eine Galerie eröffneten - und begleitete den Aufstieg der Stadt zur Kunstmetropole.

Von Kito Nedo

Sie war eine Meisterin des Understatements. Wie sonst war es der Galeristin Barbara Weiss möglich, eine einflussreiche Hauptstadt-Galerie zu führen und als Person dennoch im Hintergrund zu bleiben? Geräuschlos prägte die selbstbewusste und ausdauernde Frau mit ihrer Tätigkeit die internationale Kunstlandschaft. Im Mittelpunkt stand immer die Arbeit der von ihr vertretenen Künstler. Schon die erste Ausstellung, mit der sie im Oktober 1992 an der Potsdamer Straße ihre Galerie eröffnete, lieferte Stoff für Diskussionen. "Tulsa" und "Teenage Lust", die schonungslosen Fotografie-Serien des amerikanischen Fotografen und Filmemachers Larry Clark waren damals nur Insidern bekannt.

Ursprünglich war Weiss aus Franken zum Studium der Kunstgeschichte und Philosophie nach Berlin gekommen. Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger arbeitete sie mit dem Berliner Galeristen Michael J. Wewerka unter dem Namen Wewerka & Weiss zusammen. Sie entwickelte ein untrügliches Gespür für die Kunst, die zählt, die kritisch ist, humorvoll oder zu Unrecht übersehen. Dieser Geist machte die Galerie, die während der Nuller-Jahre in der Nähe des Checkpoint Charlie operierte und seit fünf Jahren ihre Adresse an der Kohlfuhrter Straße in Berlin-Kreuzberg hat, zum Pilgerort für ein inhaltlich interessiertes Publikum: Künstler, Kritiker, fortschrittlich gesinnte Sammler und Kuratoren wichtiger internationaler Ausstellungen. Mit dem Kurator Kasper König führte sie, so schrieb es vor ein paar Jahren die Zeitung Die Welt, "eine Ehe auf Augenhöhe".

Unter den von Barbara Weiss vertretenen Künstlerinnen und Künstlern sind einige Documenta-Teilnehmer, zum Beispiel Monika Baer, Harun Farocki, Andreas Siekmann oder Maria Eichhorn. Früh zeigte Weiss die Gemälde der inzwischen höchst einflussreichen New Yorker Malerin Nicole Eisenman oder arbeitete beharrlich an der Wiederentdeckung des im Westen nahezu unbekannten Werks von Geta Brătescu, der Grande Dame der rumänischen Szene. Und sie schätzte absurden Humor, wie er etwa im Werk von Thomas Bayrle, Boris Mikhailov oder Roman Signer aufblitzt.

Bei Gesprächen mit Barbara Weiss konnte man viel über die Philosophie des Galeriegeschäfts lernen. Etwa dies: "Es ist viel einfacher, schlechte Kunst zu verkaufen als gute." Sie sagte es nicht triumphierend oder belehrend, sondern auf ihre unnachahmlich trockene Art. Beeindruckend war ihr Mut und das Vertrauen, mit dem sie, zuletzt, geschwächt durch ihre Krankheit, das Galerie-Geschäft in die Hände des jungen Direktoren-Duos Bärbel Trautwein und Daniel Herleth legte. Am 31. Dezember ist Barbara Weiss im Alter von 56 Jahren in Berlin gestorben.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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