Kunst:Auf dem Laufenden

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Die neue App "MyArtWalk" ist online

Von Evelyn Vogel, München

Das kennen wir doch alle: Da hat man sich für seine Städtereise eine Liste von interessanten Ausstellungen herausgesucht, um dann vor Ort festzustellen, dass das Mammutprogramm gar nicht zu schaffen ist. Oder man steht vor versperrten Türen, weil ein Museum an diesem Tag geschlossen ist, eine Galerie erst später öffnet oder das Haus just in dem Moment schließt, in dem man mit hechelnder Zunge ankommt. Und dann der ganze Aufwand: Wie viele Webseiten musste man checken, um herauszufinden, was los ist? Wie oft im analogen oder virtuellen Stadtplan nachschauen, wie man hinkommt?

Auch Heinke Hagemann war in der Vergangenheit schon oft frustriert, wenn die geplante Kunsttour hinten und vorne nicht funktionierte. Und so kam sie auf die Idee: "Es müsste eine App dafür geben!" Nun gibt es viele Menschen, die sich Apps wünschen, die das Leben erleichtern. Und vermutlich ebenso viele Apps, die das auch irgendwie tun. Nur: Eine App, die alle Wünsche für eine Kunsttour berücksichtigt, die gibt es nicht. Bisher. Und so setzte die promovierte Betriebswirtin, die unter anderem seit fünf Jahren das Programm für die Freunde des Hauses der Kunst konzipiert und organisiert, die Idee in die Tat um. Herausgekommen ist die zweisprachige App "MyArtWalk" (deutsch und englisch), mit deren Hilfe man sich seinen ganz individuellen Kunstrundgang zusammenstellen kann - super einfach und je nach Zeitbedarf optimierbar.

Und weil man vor ähnlichen Problemen ja nicht nur in fremden Städten, sondern oft genug auch in der eigenen Stadt steht, nahm sie sich erst einmal die zeitgenössische Kunstszene Münchens vor. "Natürlich kam mir hier zu Hilfe, dass ich mich bestens auskenne und den direkten Kontakt mit den Museen, Stiftungen, Institutionen und Galerien suchen konnte", erzählt sie. Ein Jahr lang hat Heinke Hagemann mit Hilfe von Spezialisten daran gearbeitet und etliche Tausend Euro investiert. Seit 1. April ist die App online. Verdienen wird Hagemann damit so schnell nichts, denn die App gibt's kostenlos bei Apple und Google. "Vorläufig ist es ein Pro-Bono-Projekt". Und eines, das auch in der Pflege sehr viel Arbeit macht. Für die Umsetzung fand sie ein junges Start-Up-Team von Programmierern in Bulgarien, das alle ihre Wünsche schnell und flexibel realisieren konnte. Und die Wunschliste war lang, "viel länger als gedacht", gibt sie zu.

Wer hineinschnuppern will, kann sich probehalber beispielsweise "Heinkes kuratierten Artwalk" ansehen. Ein kostenloser Account ist sinnvoll, um alles zu speichern. Der übliche Weg geht über das Fenster "Kürzlich eröffnet", wo man sich die aktuellsten Ausstellungen ansehen kann mit Bildern, Infos, Öffnungs- und Laufzeiten, Adressen und einem ungefähren Zeitbedarf. Nun wählt man über den Button "Add+" die entsprechenden Ausstellungen aus und stellt über das eingeblendete Banner einen individuellen Rundgang zusammen. Noch Datum und Zeitrahmen auswählen und schon sieht man, was tatsächlich machbar, was geschlossen oder im angewählten Zeitraum nicht zu schaffen ist. Der Clou: Bei jeder tage- oder stundenweisen Veränderung wird der Rundgang optimiert. Über "Artwalk starten" geht's los, die Route wird auf Google Maps angezeigt und lotst den Nutzer auf optimierten Pfaden, wohin er will. Über die Option "Bevorstehend" kann man sich zudem Wunschlisten zusammenstellen, für die man dann einen Tag vor Beginn und einen Tag vor Ende der Ausstellung Erinnerungen erhält. Nie mehr was verpassen. Was für ein herrlicher Gedanke!

Im Moment pflegt Heinke Hagemann die Daten alle selbst ein und ist auf die Zusammenarbeit den Institutionen, die dafür einen Beitrag zahlen, angewiesen. Alle Museen für zeitgenössische Kunst sowie 30 Galerien und Stiftungen machen mit. Offspaces und Messen sind in Vorbereitung. Derzeit sucht die Erfinderin des "Artwalks" noch nach Finanzierungsmodellen. Und dann soll expandiert werden. "Ich plane schon Artwalks für andere Städte", sagt die Mutter von drei Kindern. Als nächstes steht Köln auf ihrer Wunschliste. Damit man beim nächsten Kunsttripp an den Rhein garantiert nicht vor verschlossenen Türen steht.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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