Relaunch von Coppolas Online-Filmstudio:Spaghetti für den Nachwuchs

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Francis Ford Coppola will den Filmnachwuchs online fördern. (Foto: Ernesto Mastrascusa/dpa)

Mit dem Relaunch seines Online-Filmstudios zoetrope.com will Francis Ford Coppola junge Filmemacher fördern. Auch er selbst holt mit der neuen digitalen Technik die wilden Experimente eines Filmhochschülers nach.

Von David Steinitz

Lange bevor Francis Ford Coppola zu einem der wichtigsten Filmemacher überhaupt wurde, mit "Der Pate", "Apocalypse Now" und "Dracula", rüttelte er als Schüler an einem Zaun. Gegenüber seiner Schule lag das Gelände eines großen Filmstudios, der Zutritt zu den zauberhaften Hallen war aber streng verboten. "Ich wäre so gern hineingegangen, um mir anzusehen, was es mit diesen mystischen Filmstudios auf sich hat", erzählte Coppola später.

Jahre später, als er längst einer der großen Starregisseure Hollywoods war, ging ihm die Erinnerung vom kleinen Francis, der am Zaun rüttelt, immer noch nicht aus dem Kopf. Deshalb kaufte Coppola das gesamte Studiogelände auf, marschierte schnurstracks zu seiner alten Schule gegenüber und nahm sämtliche Schüler mit auf seinen neuen Besitz, wo er ihnen persönlich eine ausführliche Führung gab.

Der Traum, die Filmindustrie für alle jungen Menschen zu öffnen, begleitet den mittlerweile 77-jährigen Coppola bis heute. Als er in den Siebzigerjahren einer der Heroen des New Hollywood wurde, die das alte Studiosystem durch ein junges, wildes Kino unterwanderten, gab es aber noch nicht die basisdemokratischeren Wege des Internets, um Filme zu machen.

Kino, das war die Diktatur der alten Männer mit viel Geld. Coppola ist zwar mittlerweile selbst ein vermögender Filmdinosaurier, der viel Zeit auf seinem kalifornischen Weingut verbringt - aber die Nachwuchsförderung liegt ihm immer noch am Herzen.

Coppola möchte dem Nachwuchs behilflich sein

Einmal natürlich in der Familie, seine Kinder Sofia und Roman sowie seine Enkelin Gia drehen selbst Filme, Werbeclips und Musikvideos. Aber auch dem Nachwuchs außerhalb des Coppola-Clans möchte er behilflich sein, und dazu gründete er bereits 1997 das Online-Filmstudio zoetrope.com, das nun einen grundlegenden Relaunch bekommen hat. "Mit der Seite möchte ich wieder jungen Menschen den Zugang zu einem Studio ermöglichen, es soll eine neue kreative Community entstehen, für alle Menschen, die sich für Kino, Musik, Schauspielerei, Kunst, Fotografie und Songwriting interessieren."

Der Clou an der Seite: die oft etwas träge Schwarmintelligenz seiner kreativen Filmstudiogemeinschaft heizt Coppola mit einem Deal an. Sobald man sich mit Namen und Mailadresse angemeldet hat, darf man seine Kurzgeschichten, langen und kurzen Drehbücher, Songskizzen und seit Neuestem auch Kurzfilme auf seiner Seite dem Netz präsentieren.

Dafür verpflichtet man sich, zu mindestens fünf Arbeiten anderer Nutzer sein persönliches Feedback zu geben. Zoetrope.com ist quasi eine Online-Kunsthochschule, in der die Studenten sich gegenseitig unterrichten und Nachhilfe geben.

Die Seite ist die digitale Fortführung seines analog gestarteten Zeitschriftenprojekts "Zoetrope: All Story", in dem er Kurzgeschichten von talentierten Jungautoren veröffentlichte. Das Vorbild: die großen Kurzgeschichtenmagazine des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, in denen spätere Stars wie F. Scott Fitzgerald und Dorothy Parker ihre ersten literarischen Gehversuche machten.

Geschichten, die in Coppolas Magazin erschienen, wurden bereits mehrfach ausgezeichnet, und im Netz kann er diese Nachwuchsförderung nun auch endlich auf andere Medien wie den Film ausweiten.

Zwar nutzt der Meister sein Bildungsportal auch, um nebenbei noch ein bisschen Wein aus der eigenen Winzerei und Spaghetti aus dem Coppola-Shop zu verticken, und Übernachtungen sowie Restaurantbesuche auf dem Familienanwesen kann der gestresste Jungfilmemacher auch gleich mitbuchen.

Interessante Entwicklung der alten Regiehasen

Aber ansonsten ist Zoetrope ein weiterer Beweis für eine sehr interessante Entwicklung in der Generation der alten Regiehasen: Viele von ihnen genießen erst jetzt, im fortgeschrittenen Alter, die wirkliche Freiheit des Filmemachens, weil sich die Technik endlich ihren Ansprüchen angenährt hat.

Coppola hat seine großen Hits, die längst zu Klassikern der Filmgeschichte geworden sind, noch mühsam auf 35mm-Filmmaterial gedreht. Mittlerweile macht er mit leicht handhabbaren Digitalkameras und ohne große Teams kleine, wilde Stilübungen wie "Twixt" und "Tetro", als müsste er nach Jahrzehnten im Geschäft noch die Experimente eines Filmhochschülers nachholen - und mit der gleichen Neugier betreibt er auch Zoetrope.

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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