Kleine Insektenkunde:Die Eleganz des Libellenflügels

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(Foto: Verlag)

Die beiden Autoren führen durch ein Museum der Insekten, in der auch seltene Arten aufgezeichnet sind.

Von Katrin Blawat

Wer juckende oder gar schmerzende Stiche verursacht oder eine Vorliebe für den Kot anderer Tiere zeigt, der hat es nicht leicht, sich einen guten Ruf aufzubauen. Welches Kind antwortet schon auf die Frage nach seinem Lieblingstier mit "Wespen!" oder "Mistkäfer!"? Viele Insekten haben ein Imageproblem - von einigen Ausnahmen wie Marienkäfern und prachtvollen Schmetterlingen einmal abgesehen. Doch so bescheiden ihr Ansehen, so wichtig ist die ökologische Rolle der Insekten. Sie bestäuben Pflanzen und dienen vielen anderen Tieren als Nahrungs- und damit Lebensgrundlage. Höchste Zeit also, den Krabbeltieren in ihrer großen Vielfalt eine Bühne zu bieten.

Oder besser gleich ein ganzes Museum - so lautet der Plan von François Lasserre und Anne de Angelis für ihr gemeinsames Buch. Der Insektenkundler (der die schöne wissenschaftliche Bezeichnung Entomologe trägt) und die Illustratorin haben sich einige Vertreter aus der großen Gruppe der Insekten herausgegriffen - nach ausdrücklich subjektiven Gesichtspunkten. Allein das spricht für dieses bezaubernd anzuschauende Buch: All die Käfer, Libellen, Fliegen und Schmetterlinge treten in sehr pragmatischen Kategorien auf, völlig ungeachtet der oft komplizierten wissenschaftlichen Gruppierungen. Dem Museumskonzept folgend, gibt es beispielsweise einen Saal mit den Bewaffneten (etwa Hornisse und Bombardierkäfer), einen für die Meistersänger (Feldgrille und Singzikade), die Hausbesetzer (Hauswinkelspinne - eine Exotin im Buch, da Spinnen nicht zu den Insekten zählen) und die Reisefreudigen (Distelfalter und Totenkopfschwärmer). François Lasserre schreibt zu jedem Tier ein paar Sätze - gerade die richtige Menge an Information, die sich junge Leser von acht Jahren an gut merken können. Ob man Lasserres Prinzip, eigene Kindheitserinnerungen und Aha-Momente seines Forscherlebens einzustreuen, als bereichernd oder doch eher als bemüht empfindet, mag Geschmackssache sein. Doch sticht das Buch ohnehin weniger wegen seiner Texte als vielmehr wegen der Illustrationen hervor. Hier hat Anne de Angelis mit Erfolg alles gegeben, um die Eleganz eines Libellenflügels, das geheimnisvolle Schimmern eines Käferrückens und den komplexen Bauplan eines Fliegenkopfes zu vermitteln. Wenn das Buch es schafft, seine Betrachter für die Welt der Insekten zu begeistern, dann wegen der ebenso sorgfältigen wie federleicht anmutenden Zeichnungen. Dank ihnen entsteht vor dem inneren Auge das Bild eines Sommergartens, in dem es brummt, zirpt und flattert: ein Idyll, wie es in Wirklichkeit längst nicht mehr in jedem Garten zu finden ist. Wie gut, wenn die Insektenvielfalt dann wenigstens in einem Museum erhalten bleibt. (ab 8 Jahre)

François Lasserre und Anne de Angelis: Das Museum der Insekten. Knesebeck Verlag, München 2017. 64 Seiten, 16,95 Euro.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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