Klassik:Padmore & Larcher

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Komponisten sind glücklich, wenn Interpreten ihre Musik aufführen. Thomas Larcher aber muss mehr als überglücklich sein, dass der Tenor Mark Padmore seine Musik singt. Also heißt sein neues Stück "A Padmore Cycle".

Von Michael Stallknecht

Dass Komponisten einem Sänger ein Werk widmen, ist schon häufiger passiert. Dass aber der Name des Sängers im Titel auftaucht, ist ungewöhnlich. "A Padmore Cycle" heißt ein Liederzyklus des Komponisten Thomas Larcher (auf dem Foto rechts), der nun von den BR-Sinfonikern gemeinsam mit Mark Padmore (links) in der Münchner Philharmonie zu hören war. Der britische Tenor, der seit letztem Herbst "Artist in Residence" in München war, gilt als einer, der gern mit den Grenzen seiner Stimme experimentiert. Dazu gibt ihm Larcher reichlich Gelegenheit: Padmore muss tonlos sprechen, im Parlando singen, die Stimme vielfältig zwischen Brust- und Kopfregister abschattieren oder falsettieren - was er alles hinreißend tut.

Elf Epigramme der Dichter Hans Aschenwald und Alois Hotschnig hat Larcher zusammengestellt, die um das Thema Heimat kreisen. Wie in "Almauftrieb": "wenn / im frühsommer das leben beginnt / sterben / die menschen / im tal". Da bewegt sich Padmores Stimme zunächst im Falsett durch einen C-Dur-Akkord, was an Volksliedmelodik erinnert. Dann beginnt es im Orchester gewaltig zu grummeln, bis alles zerfällt. Thomas Larcher lässt sich gern von seiner Tiroler Heimat inspirieren, die aber ohne Brechung für ihn nicht zu haben ist. Die Musik zersplittert in kleinste Motivteilchen, die sich zum vertrauten Bild nicht mehr fügen wollen.

Larcher hatte "A Padmore Cycle" ursprünglich für Tenor und präpariertes Klavier geschrieben. Die Zweitfassung mit Orchester ist ein Gewinn, auch weil sie die Brüchigkeit erhöht. Denn obwohl der von Mariss Jansons geleitete Orchesterapparat riesig ist, instrumentiert Larcher raffiniert, schafft auf engstem Raum Übergänge und Mischungen zwischen den teilweise solistisch eingesetzten Instrumenten. Celesta, Klavier, Harfen und Glockenspiel setzen weiche Tupfen, die dem Klang zugleich etwas Surreales verleihen. Die neotonalen Akkorde, in denen sich Larchers Musik bewegt, erinnern manchmal an die Scheinnaivität in Franz Schuberts Liedern: Heimat als fremde Vertrautheit oder vertraute Fremdheit. Wie in dem einzigen längeren Gedicht, das vom Ferdl erzählt, der munter an der Brücke turnt, bis er auf Nimmerwiedersehen hinunterfällt in den reißenden Strom.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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