Klassik:Auf Halbmast

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Valery Gergiev freut sich schon darauf, im Herbst die Münchner Philharmoniker in ihrem neuen Ausweichquartier zu dirigieren. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Valery Gergiev führt Richard Wagners Oper "Der fliegende Holländer" mit den Münchner Philharmonikern im Gasteig auf und sucht die großen Gesten.

Von Helmut Mauró

Er hat schon so Einiges ausprobiert mit seinen Münchner Philharmonikern im Gasteig, dessen Akustik zwar nicht so schlecht ist wie ihr Ruf, aber wirklich gut eben auch nicht. Chefdirigent Valery Gergiev freut sich deshalb ganz besonders auf den großen Umbau, der demnächst in Angriff genommen werden soll. Man wird also bald sagen: Was war denn so problematisch an der Gasteig-Akustik? Und dann wird man sich zuraunen, wie man versucht hat, bei einer konzertanten Aufführung von Richard Wagners vielleicht romantischster Oper "Der fliegende Holländer" in einen Klangzauber zu geraten, der einen über den Abend trägt und ein wohliges Gefühl verschafft zwischen träumerischer Liebessehnsucht und handfestem Gruselmärchen. Und wie dies mit den Münchner Philharmonikern unter Leitung eines konzentriert angespannten Valery Gergiev nur halb gelingen konnte.

Denn für Wagners Musik, die die Sehnsucht und das Gruseln so unauflöslich verschraubt, dass einem gar nichts anderes übrig bleibt als sich empor zu ziehen oder in den Abgrund stürzen zu lassen, für diese Art von Klangschwall ist die Philharmonie im Gasteig nicht geeignet. Zumindest von den höheren Rängen aus ist es unmöglich, da ganz einzutauchen und die Tonwellen über sich zusammenschlagen zu lassen. Man bleibt darüber, außerhalb, distanziert, beobachtet das Geschehen, bewundert die Sänger, vor allem die Sopranistin Elena Stikhina mit ihrem großen, unerschütterlichen Sopran in der Rolle der Senta. Diese macht in dem unheimlichen Holländer (John Lundgren, sich steigernd), der ratlos durch die Meere pflügt, vor allem einen erotischen Fixpunkt aus und folgt ihm auch dann noch, als er sich abwendet, stürzt sich am Ende gar von der Klippe und erlöst damit auch noch den unheimlichen Mann. Wagnerträume, hier werden sie wahr. Wenigstens teilweise.

Der Tenor Eric Cutler als Erik trug mit sauberem, sicherem Tenor dazu bei, auch die Männerabteilung des Philharmonischen Chores. Und Gergiev? Brachte sein Orchester insbesondere nach der Pause in Schwung, suchte die großen Gesten Wagner'scher Exzentrik und blieb doch oft zu bedächtig, nicht ganz bei sich, sondern zu sehr bei den vermuteten Erwartungen des Münchner Publikums.

© SZ vom 17.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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