Kappelle:Ellsworth Kelly

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(Foto: Eric Gay/AP)

Obwohl der Künstler Ellsworth Kelly 2015 gestorben ist, verblüfft er mit Werken immer noch sein Publikum. Jetzt entpuppt er sich in Texas als Kapellenbaumeister.

Von Peter Richter

Die Kapelle von Ellsworth Kelly für das Blanton Museum of Art auf dem Campus der University of Austin in Texas ist fertig und soll in den nächsten Tagen eröffnet werden.

Gut zwei Jahre ist das jetzt her, dass Kelly gestorben ist - Ende Dezember 2015, mit 92. Es macht aber den Eindruck, als wolle er seitdem überhaupt nicht wieder aufhören, das Publikum posthum damit zu verblüffen, was er neben der minimalistischen Malerei, für die er berühmt war, noch so alles konnte. Kurz nach seinem Tod hatte ihn etwa die Matthew Marks Gallery in New York als Fotografen gezeigt. Man wusste zwar, dass sich Kelly oft von Landschaften inspirieren ließ, bevor er das Gesehene zu Bildern komprimierte, die also gar nicht so ungegenständlich waren, wie sie schienen. Aber wie gut seine Fotos auch für sich als Kunstwerke bestehen konnten, das wusste man bis dahin noch nicht; und was man darauf sah, war, dass amerikanische Landwirtschaftsbauten, richtig betrachtet, aussehen konnten wie Farbfeldmalereien von Ellsworth Kelly.

Jetzt also zusätzlich: Kelly als Kirchenbaumeister. Ursprünglich war das der Auftrag des Fernsehproduzenten der Serie "Denver Clan", der 1986 bei Kelly etwas Skulpturales für sein Anwesen in Kalifornien bestellt hatte. Es kam nicht zur Ausführung, dann griff die enthusiastische Direktorin des Blanton Museums in Austin zu. Was jetzt fertig geworden ist, ist daher auch keine Kapelle im kirchlichen Sinn, sondern ein Andachtsraum für seine eigene Kunst. Farbige Fensterchen, zum Teil im Kreis angeordnet wie bei der Rosette eines gotischen Doms, streuseln ihr Licht über Kellys strenge Tafeln an der Wand. Statt des Altars gibt es eine Stelenskulptur, die Brancusi Reverenz erweist. Und der Bau selbst trägt die Erinnerung in sich, dass Kelly seine prägenden Jahre als Soldat in Frankreich verbrachte, wo er die romanischen Kirchen lieben lernte. Danach war ihm der Staat New York Heimat und Inspiration. Wieso also ausgerechnet Texas? Weil dort bekanntlich alles intensiver sei, selbst das Licht, heißt es aus dem Museum. Vielleicht auch die Hingabe: Einer der Kuratoren am Blanton Museum trägt eine offizielle Arbeit von Kelly, vier farbige Vierecke, auf dem Unterarm. In diesem Fall hatte Kelly sogar noch eine Nebenkarriere als Tätowierer.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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