Italien:Ein Deutscher leitet die Uffizien

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Die 20 wichtigsten Museen in Italien haben nun neue Direktoren. Sieben von ihnen stammen nicht aus Italien. Die Uffizien in Florenz leitet künftig der Freiburger Kunsthistoriker Eike Schmidt.

Von THOMAS STEINFELD

Seitdem Dario Franceschini, der italienische Kulturminister, vor eineinhalb Jahren sein Amt antrat, muss er eine große Aufgabe nach der anderen lösen: den Verfall Pompejis anhalten, die Restauration von so großen Bauten wie dem Kolosseum auf einen vernünftigen Weg bringen, das gesamte Verhältnis zwischen kulturellem Erbe und privatem Interesse neu ordnen. Und nie reicht, bei der unendlichen Zahl italienischer Kulturgüter, das Geld. Die größte und schwierigste Aufgabe dürfte darin bestehen, dem italienischen Museumswesen eine neue Gestalt zu geben.

Franceschinis Entscheidung, die Leitung der zwanzig berühmtesten Museen Italiens öffentlich auszuschreiben - und zwar nicht nur für italienische Bewerber, sondern international -, ist ein zentralistischer, gegen die Tradition gewendeter Akt aus dem Geist des offenen Wettbewerbs, der in der Geschichte des italienischen Kulturbetriebs kaum seinesgleichen hat. Das Unternehmen hatte Erfolg: Über 1200 Bewerbungen trafen in Rom ein, sehr viele davon aus dem Ausland.

Italien hat per Ausschreibung 20 wichtige Museumsposten neu besetzt

Am Dienstag dieser Woche, präzis zum offiziellen Ende des Sommers, wurden die Entscheidungen der Auswahlkommission bekannt gegeben: Von den zwanzig neuen Direktoren werden sieben nicht aus Italien stammen. Dazu gehört der Freiburger Kunsthistoriker Eike Schmidt, der gegenwärtig am Minneapolis Institute for the Arts die Skulpturenabteilung leitet. Er wird Direktor der Uffizien in Florenz. Dazu zählen Cecilie Hollberg, heute Chefin der Städtischen Museen Braunschweig, die ebenfalls in Florenz der Galleria dell'Accademia vorstehen wird, und der junge Archäologe Gabriel Zuchtriegel, der aus Bonn kommt, jetzt an der Università della Basilicata lehrt und künftig für die antiken Stätten in Paestum verantwortlich sein wird. Auch alte Bekannte gehören zu den Erwählten, so der Kanadier James Bradburne, der um das Jahr 2000 das Frankfurter Museum für angewandte Kunst leitete und nun nach Mailand geht, an die Pinacoteca di Brera. An der Liste fällt überhaupt auf, dass sie bunt gemischt ist, jung und alt, männlich und weiblich, wobei an den Qualifikationen kein Zweifel möglich zu sein scheint. Die Auswahlkommission war prominent besetzt: von Luca Giuliani, dem Rektor des Wissenschaftskollegs in Berlin, bis zu Nicholas Penny von der National Gallery in London.

In vielen italienischen Museen lebt das 19. Jahrhundert fort, die regionale Struktur Italiens, die Bindung an Nachbarschaften und Dynastien, ja sogar die Lichttechnik. Es hat seinen eigenen Reiz, in Urbino etwa oder in Mantua, Kunstwerke an dem Ort zu betrachten, für den sie ursprünglich bestimmt waren. Und die Altertümlichkeit ist oft schön anzusehen. Sie gerät aber mit der Zeit zu einem nicht nur administrativen, sondern auch ökonomischen Problem, um von den Ansprüchen des Massentourismus ganz zu schweigen.

Auch weil die Mittel, die für Ausstellungen zur Verfügung stehen, immer geringer geworden sind, steht den meisten von ihnen sehr viel Arbeit bevor. Der Kulturminister wird, wenn von Arbeit die Rede ist, auch an die kommerzielle Nutzung der Museen denken: In den meisten italienischen Museen - man schaue sich nur einmal in den Gallerie dell'Accademia in Venedig um - ist der Museumsshop noch stark entwicklungsbedürftig, falls es überhaupt einen gibt (was in achtzig Prozent der Museen nicht der Fall ist). Und nur vier der 400 staatlichen Museen verfügen über ein Café oder gar ein Restaurant.

Zugleich spricht der Kulturminister davon, den Verkauf von Eintrittskarten national über das Internet zu organisieren. Er nimmt seine Aufgabe jedenfalls ernst: Die neuen Direktoren hat er, wie es heißt, selbst angerufen, um ihnen die Entscheidung der Auswahlkommission mitzuteilen.

© SZ vom 19.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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