Interviews:Leben, schreiben

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Zur Tradition der Zeitschrift "Paris Review" gehören lange Autoren-Interviews. Seit einigen Jahren erscheinen sie in Auswahlbänden auch auf Deutsch. Diesmal: Amos Oz, Günter Grass und Marilynne Robinson.

Von Lothar Müller

Zur Tradition der 1953 in New York gegründeten Literaturzeitschrift Paris Review gehören die langen Autoren-Interviews. Es ist erfreulich, dass sie seit einigen Jahren in Auswahlbänden auch auf Deutsch erscheinen. Nach seinem Verhältnis zur Sprache, in der er schreibt, gefragt, sagt Amos Oz 1996: "Das Hebräische ist wie ein Vulkan, wie elisabethanisches Englisch. Sie müssen Worte benutzen, die prophetische und mystische Anklänge haben, um einen kleinen Taschgengelddisput zwischen Eltern und Kindern zu beschreiben. Da wollen Sie nicht Jesaja, die Psalmen und den Berg Sinai mit ins Spiel bringen. Also spazieren Sie die ganze Zeit auf Zehenspitzen durch ein Minenfeld." Günter Grass sagt im Jahr 1991: "Als Kind war ich ein großer Lügner. Zum Glück mochte meine Mutter Lügen. Ich versprach ihr herrliche Sachen . . . Ich fing schon sehr früh an, meine Lügen aufzuschreiben. Und das tue ich heute noch." Marilynne Robinson, 2008 mit dem Satz einer ihrer Figuren konfrontiert, es gebe in der täglichen Welt "mehr Schönheit, als unsere Augen zu ertragen imstande sind", sagt: "Denken Sie an holländische Malerei, wo das Licht auf eine Wasserschüssel fällt und eine Frau in den Kleidern dasteht, die sie nun einmal anhat, wenn sie morgens aufwacht - diese Art Schönheit ist ein flüchtiger Blick auf etwas Herkömmliches."

Ein festes Element aller Paris Review- Interviews sind die Fragen nach den Schreibritualen. Mindestens so interessant sind dann aber doch die Passagen, in denen Grass über Deutschland wettert, Amos Oz vom Hebräischen auf die Verwurzelung seines Schreibens in Israel, den Golfkrieg 1990/91 und Saddam Hussein kommt oder Marilynne Robinson, um Auskunft über ihr Doppelinteresse an der Religion und den Naturwissenschaft gebeten, ein Selbstporträt entwickelt, das auf die überraschende Formel des "puritanischen Hedonismus" zuläuft.

Die Paris Review Interviews. Günter Grass. Amos Oz. Marilynne Robinson. Mit einem Vorwort von Lorin Stein. Aus dem Englischen von Alexandra Steffes. Edition Weltkiosk, London/Berlin 2016. 96 Seiten, 6,90 Euro.

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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