Hollywood:Danke, Sie sind gefeuert!

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"The Book of Henry" war nicht gut für die Karriere von Colin Trevorrow. Er wurde als Regisseur von "Star Wars" entlassen.

Von Juliane Liebert

Spoiler: Falls sich irgendwer gefragt haben sollte, warum nicht öfter Regisseure ihre Hauptcharaktere nach der Hälfte des Filmes sterben lassen - Überraschungseffekt und so - Colin Trevorrows "Book of Henry" bietet die Antwort: Weil es den Spannungsbogen zerstört und einfach niemand Lust hat, einen Film zu sehen, in dem die Identifikationsfigur plötzlich tot ist und deren Mutter alles richten muss. Außer, man sieht gerne zu, wie Kinder sterben. Soll es ja alles geben.

Der hochbegabte Henry (Jaeden Lieberher) ist sehr hochbegabt. Das äußert sich darin, dass er Leonardo-like komplizierte Dinge in ein Notizbuch schreibt und Wörter wie "psychosozial" verwendet. Dabei ist er erst elf! Er hat einen kleinen Bruder und eine Mutter, die gern Videospiele spielt. Seine Nachbarin wird von ihrem Stiefvater missbraucht. Der ist böse und Polizeichef und hat sonst keine weiteren Eigenschaften. Henry will seine Nachbarin retten, stirbt aber leider plötzlich mitten im Film, darum muss seine Mum (Naomi Watts) anhand seines Notizbuches seinen Auftrag fortführen. Immerhin trägt Henry keine Brille, man wollte offenbar verhindern, dass Kinder traumatisiert werden, weil sie glauben, Harry Potter sterbe an einem Gehirntumor.

Bemerkenswert an Henry wie an allen durch die Filmkunst geisternden Hochbegabten (Sherlock et al) ist, dass sie sich genauso verhalten, wie sich Normalos Hochbegabte wünschen. Deshalb haben sie auch grundsätzlich sehr selten originelle Gedanken, sondern reden immer, als hätten sie sich seit ihrer Geburt Parodien des Schulfernsehens der achtziger Jahre angesehen (sie aber leider ernst genommen). Als Karikatur bieten sie eine optimale Projektionsfläche für die narzisstische Sehnsucht, selbst außergewöhnlich zu sein.

Der Regisseur Colin Trevorrow sollte eigentlich "Star Wars Episode IX" drehen, wurde aber vor Kurzem gefeuert. Sehr außergewöhnlich ist das nicht, Lucasfilm verschleißt zur Zeit mehr Regisseure als James Bond Frauen. Trotzdem glaubt nun jeder in Hollywood, der Grund für die Entlassung sei "The Book of Henry" und der Hohn der Kritiker gewesen, als der Film in den USA herauskam. Das ist unfair, den basierend auf "Henry" könnte man sich sogar sehr gut ein Trevorrow-Remake der "Star Wars"-Originalgeschichte vorstellen. Darin wäre Luke Skywalker mittendrin umgekommen, und sein Vater Darth Vader hätte die Zerstörung des Todessternes übernehmen müssen. Den tiefen Konflikt mit sich selbst hätte er dank Yoga überwunden. Super Film.

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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