"Es ist ein Traum von mir. Ich möchte Märchen so illustrieren, wie ich sie mir als Kind gewünscht habe", sagt Ali Mitgutsch. Er besaß damals keine Märchenbücher, aber so wie sie ihm erzählt wurden, hat er sie alle "in meinem Kopf gespeichert". Vor zehn Jahren begann der Illustrator dann, sich neben seinen beliebten Wimmelbilderbüchern und seinen "Traumkästen" - Objekten, in denen er Fundstücke des Alltags in Rahmen spannt und ihnen damit einen neue surrealistische Bedeutung gibt - an das Projekt zu wagen, das ihm sehr wichtig war und das er bis heute nicht vollenden konnte: "Ich wollte zum Ende meiner Laufbahn etwas ganz Großes machen, Märchen so zu illustrieren, wie ich es für richtig finde, das unterscheidet sich nämlich sehr davon, was es alles schon auf dem Markt gab und gibt." Ali Mitgutsch erinnerte sich an die Erzählungen seiner Mutter, Heiligengeschichten und Märchen, die ihm halfen, die schwierigen Kriegs- und Nachkriegsjahre in der Münchner Maxvorstadt zu überstehen.
Bis jetzt hat er Bleistiftskizzen zu Dornröschen und Rotkäppchen gezeichnet, im Mittelpunkt das verwunschene Schloss und der als Großmutter verkleidete Wolf im Bett. Wie bei der Konzeption seiner Wimmelbilderbücher entwirft Ali Mitgutsch, der gerade 80 Jahre alt wurde, mit einem Bleistift zentrale Szenen: Auftritt Mutter und Rotkäppchen, die Skizzen vom Wolf, der Rotkäppchen im Wald begegnet, wie sie Blumen pflückt. Sie illustrieren schon die wichtigsten Stationen des Märchens, bringen die Dramatik ins Bild. Bei Dornröschen ist es der Auftritt der bösen Fee, das Bild des Prinzen und der schlafenden Prinzessin.
Nun warten alle auf ihr Erscheinen im Buch. "In den vergangenen Jahren habe ich immer wieder Märchenskizzen projektiert", sagt Ali Mitgutsch, "aber wenn ich mich richtig dran gemacht habe, stellte ich fest, dass es eine Mordsarbeit ist. Ich wollte die Dinge, die ich im Kopf habe, auch fertig machen." Ob ihm das noch gelingen wird? Auch Dornröschen schlief 100 Jahre.