Gehört, gelesen, zitiert:Katerkreativität

Der Kritiker Alfred Kerr und der Dramatiker Arthur Schnitzler waren gut befreundet. Ihr Briefwechsel zeigt unter anderem, wie man sich früher verabredet hat.

Von J. Schloemann

Alfred Kerr, der Kritiker im Berlin der Weimarer Republik, und Arthur Schnitzler, der Wiener Dramatiker, waren befreundet, und knapp dreißig Jahre lang, von 1896 bis 1925, korrespondierten sie miteinander. Kerrs Briefe liegen sei 1938 in Cambridge, Schnitzlers seit 2013 in der Berliner Akademie der Künste. Im aktuellen Heft der Zeitschrift Sinn und Form (5/2017) wird eine Auswahl aus dem großteils unveröffentlichten Briefwechsel erstmals publiziert. Er zeigt eine nicht immer einfache Beziehung zwischen Kritiker und Autor, aber auch viel Wärme und Witz, auch in den Nachrichten eher organisatorischen Inhalts, die man heute per E-Mail oder Whatsapp schicken würde. Am 1. Juni 1898 schreibt Kerr in Wien aus dem Hotel Bristol:

"Lieber Herr Schnitzler,

seien Sie nicht böse, wenn ich Sie bitte unsere Verabredung umzustoßen, ich bin so ermüdet von den männermordenden Lustbarkeiten dieser Tage, daß das allgemeine Stocken meiner ganzen Funktionen wunderbar geeignet für die Abfassung mehrerer Feuilletons ist. Das will ich wahrnehmen. Abends wäre ich gern mit Ihnen zusammen (...). Wenn Sie also nicht anders bestimmen, komme ich zw(ischen) ½ 7 und 7 zu Ihnen, Sie abzuholen. Haben Sie keine Zeit, so können wir uns vielleicht morgen noch sehen. Ich werde Freitag, nicht Donnerstag nach Venedig abreisen. Mit herzlichem Gruß Ihr Kerr."

© SZ vom 20.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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