Gegenwartskunst:Politik drängelt ins Atelier

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Kurz vor der Eröffnung seiner großen Münchner Ausstellung spricht der Künstler Wade Guyton darüber, wie er den Markt austrickst.

Interview von Catrin Lorch

Wade Guyton kommt an diesem kalten Tag gerade aus der Neuen Pinakothek, er sagt, er habe sich dort noch einmal Édouard Manets "Frühstück im Atelier" angeschaut. In seinen langen Haaren und dem Bart hängt noch etwas von der Kälte der Münchner Innenstadt. Guyton, der 1972 in Hammond im amerikanischen Bundesstaat Indiana geboren wurde, wirkt wie ein Rockstar, der zu einem letzten Soundcheck kommt. Seine Ausstellung mit mehr als dreißig Gemälden im Museum Brandhorst ist schon eine Woche vor der Eröffnung fast fertig gehängt. Und auch wenn der Titel "Das Atelier des Künstlers" altmeisterlich klingt, muss man sich den Künstler eher vorstellen wie einen Musikproduzenten, der an Reglern eine Einspielung optimiert. Denn in seinem Atelier wird nicht gemalt; die Arbeit erledigt - seit mehr als anderthalb Jahrzehnten - ein Drucker, den Guyton mit Leinwand füttert. Das Konzept, aber auch die Schönheit der rauen Leinwände, die Aura der reduzierten Motive, die häufig wie versetzt oder zerrissen erscheinen, machten ihn zu einem der erfolgreichsten Maler seiner Generation - nicht nur für Museen, sondern auch auf dem Markt. Die Ausstellung in München ist keine Retrospektive, sie gilt allein der Produktion der letzten beiden Jahre. "Ein Wagnis" nennt Achim Hochstädter, der Direktor und Kurator, die Schau. Denn erstmals entfernt sich Guyton von der Abstraktion, er druckt Aufnahmen aus dem Studio, die Aussicht aus seinem Fenster über Lower Manhattan, die Website der New York Times und sogar eine sehr aktuelle Version eines "Frühstücks im Atelier": ein Gruppenfoto seiner Mitarbeiter, das er in der Teeküche aufgenommen hat.

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