Frankfurter Buchmesse:Ein Brandherd, der nicht aufhört zu lodern

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Kann es sein, dass dieser Flecken Erde darum so verdammt ist, weil er verschiedenen Religionen aus unterschiedlichen kultur-historischen Herkünften "heilig" ist? (Foto: dpa)

Zur Buchmesse stellen SZ-Redakteure Bücher vor, mit deren Autoren sie am SZ-Stand sprechen. Heute: Bernd Graff über "Verdammtes Land", in dem Andreas Altmann seine Reise durch Palästina schildert.

Von Bernd Graff

Der Schriftsteller Andreas Altmann, 65, ist ein Mann deutlicher Worte und noch deutlicherer Taten. Mag sein, dass die Wortgewalt und das robuste Handeln der Mentalität seiner Heimatstadt Altötting, dem Passionsspielort, zu verdanken ist. Mag sein, dass die unverblümte Art sich auch aus Erfahrungen in Zen-Klostern herleiten.

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Sein provokantes Buch über die Jugend in Altötting ist ein Bestseller. Jetzt erzählt Altmann, was ihm heute wichtig ist.

Jedenfalls beginnt der Reise-Autor Altmann sein Buch über die Erfahrungen seiner Palästina-Reise mit diesen drastischen Worten: "Wer ein Buch über diese Weltgegend schreibt, wird scheitern. Israel und Palästina, das ist ein Brandherd, der nicht aufhört zu lodern. Seit über sechzig Jahren entzündet er die Gemüter. Und keine Vision weit und breit, um die zwei Völker zu versöhnen. ... Ich riskiere es trotzdem: noch ein Buch abzuliefern. Weil mich inzwischen jede Illusion - die Antwort zu finden - verlassen hat. Und weil ich nichts als Geschichten erzählen will. Von den einen, die andere quälen und erniedrigen. Und den anderen, die gequält und erniedrigt werden."

Ganz nah ran

Altmann nennt das angeblich "Heilige" Land darum - so sein Buchtitel - ein "Verdammtes Land". Und fragt sich: Kann es sein, dass dieser Flecken Erde darum seit Generationen so verdammt ist, weil er Vertretern verschiedener Religionen auch aus völlig unterschiedlichen kultur-historischen Herkünften "heilig" ist? Altmann geht darum ganz nah ran: Er spricht mit Menschen, Künstlern, den unmittelbar Betroffenen, den Vertretern der Religionen. Und er versucht herauszufinden, woher der unbändige Hass kommt? Natürlich gibt er darauf keine endgültige Antwort, aber er notiert Antworten (und den Hass), die unmittelbar uns ansprechen.

Altmanns eigene Antworten, die in die Fülle von Reportagen und Augenzeugenberichte einfließen, sind nie endgültig oder diffamierend, aber sie werden nicht allen gefallen. Wie etwa sein Fazit nach der Lektüre eines Artikels in einer israelischen Zeitung, der Israels Handlungen gegenüber den Palästinensern rechtfertigen will mit dem Verweis auf die Gräuel der Menschenschlächter anderer Herren Länder: "Aber heute reden wir von Israel. Wir reden ab dem Tag nicht mehr (schlecht ) von diesem Land, an dem es aufhört, anderen ihr Hab und Gut zu stehlen. Aufhört, ein anderes Volk zu erniedrigen. Aufhört, diese jedes Völkerrecht missachtende Besatzung - via Schandmauer, via Besiedelung, via Hunderte Checkpoints und Tausende Soldaten - fortzusetzen. Dann freuen wir uns: über Israel, über Palästina, über zwei, die es geschafft haben, als zivilisierte Nachbarn nebeneinander zu existieren." Diese auch fordernde Hoffnung, auch sie steckt unverblümt in Altmann mehr als 300-seitigem Reportagebericht.

Bernd Graff spricht mit dem Autor am SZ-Stand auf der Buchmesse über das Werk - an diesem Freitag um 16.30 Uhr.

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