Fotografie:Kunst und Technik

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Das Münchner Siemens-Palais öffnet für einen Tag seine Türen

Von Jürgen Moises, München

Die Darstellung des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts, oder wie er es selber formuliert: der "Maschinenräume der Moderne". Das ist das Thema, das den Künstler Thomas Struth seit einigen Jahren umtreibt. Dafür reist der renommierte deutsche Fotograf rund um die Welt und taucht mit seiner Plattenkamera, die technisch eher für das 19. Jahrhundert steht, in Messanlagen, Chemielaboratorien oder Raumfahrtstationen ein. Die Bilder, die Struth von dort hervorbringt, faszinieren und irritieren, weil sie eine Welt hinter verschlossenen Türen zeigen, gefüllt mit Apparaturen, deren genaue Funktion man oft nicht erkennt. Beispiele dafür sind aktuell im Haus der Kunst zu sehen, in einer großen Thomas-Struth-Retrospektive.

Aber nicht nur dort. An diesem Freitag ist im Siemens-Palais am Wittelsbacherplatz mit "Coordinates - A Curated Siemens History" eine weitere Arbeit von Thomas Struth zu besichtigen, die sich mit der Geschichte des deutschen Technik-Unternehmens auseinandersetzt. Das heißt, sie wird aus Anlass der Retrospektive von 10 bis 18 Uhr öffentlich zugänglich gemacht. Denn sie befindet sich zwar nicht ganz hinter verschlossenen Türen und durch die Fenster kann man sie vom Wittelsbacherplatz aus sogar in Teilen sehen. Aber da unter anderem der Aufsichtsrat in dem Gebäude sitzt, ist das Foyer, in dem die Bilder seit der Neueröffnung des Palais im Sommer 2016 hängen, normalerweise nicht für Besucher geöffnet.

Dass Thomas Struth das "Ja" zu dieser Auftragsarbeit nicht allzu schwer gefallen ist, kann man sich jedenfalls gut vorstellen. Durfte er dafür doch nicht nur in den Siemens-Bildarchiven in Berlin und München wühlen, sondern außerdem an ausgewählten Siemens-Standorten in Berlin, Erlangen und Forchheim sowie im amerikanischen Alpharetta im Bundesstaat Georgia fotografieren. Auch dort hat der Fotograf mit dem "Computertomographie Shop" in Forchheim oder einem Schaltwerk in Berlin Maschinenräume der Moderne dokumentiert und die Ergebnisse anschließend mit Archivbildern zu einem "Bildernetzwerk" gruppiert. Man sieht Aufnahmen von der Familie Siemens, Arbeiter in Deutschland, China oder Indien, Lokomotiven, Turbinen und Bohrtürme, digitale Visualisierungen und als älteste Fotografie: ein Bild aus dem Jahr 1847 vom Berliner Hinterhof, wo mit der ersten Werkstatt von Werner Siemens und Johann Georg Halske alles anfing.

Genaueres dazu kann man bei den Führungen erfahren, die von 11 Uhr an stündlich stattfinden und mit der Aluminiumskulptur "The Wings" von Daniel Liebeskind vorm Haupteingang und der Bronzeskulptur "Schwesterngruppe" von Georg Baselitz in der Empfangshalle auch die anderen Kunstwerke im Palais mit einbeziehen. Baselitz' "Schwestern" sind auch an sonst frei zugänglich. Auch darüber will man mit dieser Sonderaktion die Besucher informieren.

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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