Film "Body":Geistertherapie

Film "Body": Body-Art - nur spielerisch wird der Körper eigenes Profil erhalten.

Body-Art - nur spielerisch wird der Körper eigenes Profil erhalten.

(Foto: Peripher)

Vom Verlust geliebter Personen erzählt der polnische Film "Body" von Malgorzata Szumowska, von Tod und Trauer - aber ganz federleicht.

Von Tobias Sedlmaier

Das Kino als Körper-Kunst, der Körper und seine vielfältigen Verformungen, Wandlungen, Gefährdungen - in ihrem neuen Film "Body" hat sich die polnische Filmemacherin Małgorzata Szumowska intensiv damit beschäftigt. Es geht um drei Figuren, die ihr Seelenleiden, das ihnen der Verlust eines nahestehenden Menschen bereitet hat, körperlich zum Ausdruck bringen.

Da ist Janusz, ein Untersuchungsrichter, der gelernt hat, auch die grausigsten Anblicke - wie die entsorgte Leiche eines Babys auf der Bahnhofstoilette - mit äußerer Regungslosigkeit zu ertragen. Dafür wird zu Hause, in der Wohnung im gräulichen Plattenbau, umso energischer am Brathühnchen herumfiletiert, werden sorgsam Fleisch und Haut von den Knochen getrennt, was wiederum Tochter Olga zu spitzen Bemerkungen und ermahnenden Notizzetteln im Kühlschrank treibt. Olga ist Tierschützerin, magersüchtig, leidet an schwerer Depression. Das alte, starr-sozialistische Polen in Gestalt des Vaters trifft auf die desorientierte Jugend. Beider Verlust ist die Mutter des Mädchens und Ehefrau des Kriminologen, deren plötzlicher Tod nichts als Schweigen hinterließ. Olga versucht sich mit Tabletten das Leben zu nehmen, wird in eine Klinik eingewiesen, dort begegnet sie der Therapeutin Anna.

Im Bund der Trauernd-Gelähmten ist Anna die dritte - ihr kleiner Sohn starb überraschend vor Jahren. Mit ihren Strickpullis und den strengen starren Augen hinter dem altmodischen Brillengestell vermittelt sie überkommene Tantenhaftigkeit, über den Tod des Kindes ist sie nicht wirklich hinweg. Trost bietet ihr einzig die Gesellschaft einer gigantischen Bulldogge und der Glaube daran, mit den Geistern der Verstorbenen Kontakt herstellen zu können. In ihrer Therapierunde wird schon mal der eine oder andere Urschrei beschworen. Was raus muss, muss raus.

Diese Konstellation birgt einiges an Gefahrenpotenzial für eine esoterisch-verquaste Geistergeschichte, in der am Ende die Toten antworten und alle in einer tränenseligem Wohlgemutsumarmung versinken. Doch Małgorzata Szumowska gelingt das Kunststück, diese tragische Konstellation federleicht wirken zu lassen, ohne dabei in Albernheiten abzudriften. Der inneren Abgestorbenheit der Protagonisten entspricht eine karge Inszenierung, die immer wieder durch komische Momente aufgebrochen wird. Dem brutalen Ernst darf sich nicht kampflos ergeben werden. So ordnet das hoffnungsvolle Schlussbild den zunächst unverständlich erscheinenden Anfang ein: Der vom Baum geschnittene Erhängte steht wieder auf. Und geht einfach weiter. Nicht die Toten, sondern die Lebenden geben eine Antwort.

Ciało, Polen 2015 - Regie: Małgorzata Szumowska. Buch: Michał Englert, Małgorzata Szumowska. Kamera: Michał Englert. Mit: Janusz Gajos, Maja Ostaszewska, Justyna Suwała , Ewa Kolasińska , Adam Woronowicz. Peripher, 92 Minuten.

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