Fernando Botero zum 80.:Weltruhm durch Anachronismus

Er ist ein Weltenbummler, der lange auf den künstlerischen Erfolg warten musste: In der Frühphase seines Schaffens wurde Fernando Botero sogar als "parasitärer Folklorist" beschimpft, doch die Darstellung kugelrunder Frauen brachte ihm schließlich doch noch märchenhaften Erfolg. An diesem Donnerstag feiert der Kolumbianer seinen 80. Geburtstag.

Georg Imdahl

1 / 8
(Foto: AFP)

Er ist ein Weltenbummler, der lange auf den künstlerischen Erfolg warten musste: In der Frühphase seines Schaffens wurde Fernando Botero sogar als "parasitärer Folklorist" beschimpft, doch die Darstellung kugelrunder Frauen brachte ihm schließlich doch noch märchenhaften Erfolg. An diesem Donnerstag feiert der Kolumbianer seinen 80. Geburtstag. Wenn er eine Orange malen wolle, hat Fernando Botero einmal im Gespräch mit Ernst Beyeler bemerkt, ziehe er es vor, "die Orange zuerst zu essen und dann zu malen, anstatt sie vor mich hinzulegen". Auch für die unzähligen Akte molliger, kuscheliger, ja kugelrunder Frauen nehme er niemals ein Modell, denn er male nicht "aus der direkten Betrachtung der Landschaft oder des Volkes". Um jedes Missverständnis auszuräumen, fügte der Kolumbianer sogar hinzu, er könne auch nicht "mit einem Botero schlafen".  Fernando Botero, Anfang April dieses Jahres in seinem Haus in Rionegro, Kolumbien.

2 / 8
(Foto: REUTERS)

Die "schöne Frau in der Kunst" könne sich im täglichen Leben als "schreckliche Banalität entpuppen", und die schönsten Figuren der Kunstgeschichte, so der 1932 in Medellin geborene Künstler erstaunlich kategorisch, "wären im täglichen Leben monströs". Frauen-Skulptur von Fernando Botero in der kolumbischen Großstadt  Cartagena.

3 / 8
(Foto: dpa)

So sehr er die Abstraktion von sich gewiesen hat, so wenig ahmt Botero in seiner Malerei wie auch in seinen Skulpturen die sichtbare Realität nach. Die strenge Geometrie seiner Figurenwelt führt nach seinem eigenen Bekunden zurück in die Vorgeschichte der Moderne, namentlich zu Piero della Francesca, den er in einem Bild von 1972 gemeinsam mit Jean-Auguste-Dominique Ingres und sich selbst zu einem Dinner an einen Tisch setzte.  Fernando Botero bei einer Ausstellung in Mexiko-Stadt vor drei von ihm gemalten Gemälden.

4 / 8
(Foto: AP)

Anfangs hatte sich der Weltenbummler in Paris, enttäuscht von der Kunst der Gegenwart, im Louvre umgetan und dann, bis 1955, bei Roberto Longhi in Florenz europäische Kunstgeschichte studiert, bevor er in den Sechzigern für längere Zeit nach New York kam, wo sein Werk besonders anachronistisch anmuten musste - und von den Museen denn auch ignoriert wurde. Fernando Botero vor einer von ihm geschaffenen Sphinx auf der Florentiner Piazza della Signoria.

5 / 8
(Foto: DPA/DPAWEB)

Seine ersten Einzelausstellungen in Europa führten Botero 1966 nach München, Hannover und Baden-Baden, wobei er sich auch hierzulande als "parasitärer Folklorist" bezeichnen lassen musste. In den Siebzigern begannen die Sammler, diese Haltung zu goutieren, für Botero brach ein märchenhafter Erfolg aus; seine Werke erzielen Millionenpreise, die Verkäufe haben ihn zu einem der weltweit wohlhabendsten Künstler gemacht.  Mollige Botero-Schönheiten im Park der Villa Hajo Rüter in Eltville am Rhein.

6 / 8
(Foto: AFP)

Auf das Possierliche lässt er sich freilich nicht reduzieren. Schon früh klagte er volkstümlich moralisierend das alltägliche Drama der Gewalt in seinem Heimatland an - wie in dem "Massaker der Unschuldigen" von 1967, das den Bethleheminischen Kindermord in die Gegenwart überträgt. Zuletzt malte Botero gegen den massenhaften, durch Drogenkrieg hervorgerufenen Tod in Kolumbien an. Ausgerechnet der Drogenboss Pablo Escobar gehörte zu Boteros Sammlern. Fernando Botero vor der Skulptur "Katze" in San Cristobal nahe seiner Geburtsstadt Medellin in Kolumbien.

7 / 8
(Foto: REUTERS)

Auch übermächtige historische Vorbilder wie Goyas "Desastres de la Guerra" und Picassos "Guernica" schreckten ihn 2004 nicht von einem umfangreichen Zyklus von Zeichnungen und Gemälden über die Gräuel im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib ab. Sein Werk erwies sich als überraschend kompatibel mit einer neuen Sachlichkeit, welche die archaische Brutalität der amerikanischen Peiniger vor Augen führt.  Schwergewichtig: Botero-Skulpturen werden 2005 für eine Retrospektive des Bildhauers in Rom auf einen Lastwagen geladen.

8 / 8
(Foto: DPA)

Nach Überfällen und Entführungsversuchen kehrt Botero nur noch selten und dann schwer bewacht nach Kolumbien zurück. An diesem Donnerstag macht er eine Ausnahme und feiert seinen achtzigsten Geburtstag in Bogotá. Straßburger Oper führt im Jahr 2000 das Stück "Die Regimentstochter" von Gaetano Donizetti auf. Sowohl die Kulisse als auch die Kostüme schuf Fernando Botero.

© SZ vom 19.03.2012/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: