Fantasy-Kino:Vollgestopfte Leere

Lesezeit: 2 min

Guy Ritchies "King Arthur: Legend of the Sword" fühlt sich falsch an - und doch irgendwie richtig. Eine Mischung aus Fantasydrama und elaboriertem Musikvideo, wo man nicht mitfühlen muss und einfach den Bombast genießt.

Von Juliane Liebert

Ritter, Schwerter, Königshöfe, Machtspiele, die Sage um Camelot und Excalibur. Gehört man der Generation an, die von "Game of Thrones" traumatisiert wurde, erwartet man angesichts dieser Kombination ständig, dass jemand vergewaltigt oder einer der Hauptcharaktere grausam ermordet wird, und zittert die ganze Zeit vor Furcht. (Schämen Sie sich denn wenigstens, George R. R. Martin? Wenigstens ein bisschen?)

Das Gute ist, in Guy Ritchies "King Arthur: Legend of the Sword" passiert das nicht, der Film ist eine Mischung aus Fantasydrama und elaboriertem Musikvideo. Das Problem ist ein anderes: Man will ihn eigentlich nicht mögen, weil so viel an ihm verkehrt ist. Aber er ist trotzdem super. Wieso?

Er hat den Charme eines zweitklassigen Computerspiels, dessen Produktion von irgendeinem ebenso geschmacklosen wie gelangweilten Mafiaboss zufälligerweise mit einigen Hundert Millionen Dollar gefördert wurde. Die Darsteller wirken wie aus den Pornoproduktionen desselben Mafiabosses gecastet. Nur eines ist zwischen Spätantike und Frühmittelalter nicht verloren gegangen: das Haarstyling. Aber seien wir ehrlich: Wer will sich schon das richtige Mittelalter anschauen? Das richtige Mittelalter war ereignislos, dreckig und stillos. Alles war klein und langsam. Es passierte jahrhundertelang so gut wie nichts. In "King Arthur" passieren immer mindestens zwei oder drei Sachen gleichzeitig. Alles ist riesengroß. Die Wikinger sind auch da. Und Elefanten. Das Mittelalter ist hier ein Mittelalter de luxe mit allen Zusatzfeatures in der Familienpackung.

Verloren im Mittelpunkt: Charlie Hunnam als King Arthur. (Foto: Warner)

Dabei ist der Witz der Artusgeschichte eigentlich, dass der König immer der ruhende Pol, das inaktive Ideal bleibt: er ist Voraussetzung, vielleicht Fluchtpunkt der Handlung, aber nie ihr Held. Wie Walter Scott einst forderte: Die "großen" Persönlichkeiten im historischen Roman müssten Randfigur bleiben, weil nur der "mittlere Held" die Verstrickung in die Kräfte der Geschichte zeigen könne.

Auch beim Artusroman ging es darum, das statische Ideal im Hintergrund als moralische Absicherung zu haben, um im dramatischen Vordergrund Probleme und Konflikte der Ritterlichkeit im Hochmittelalter abzuhandeln. Insofern hat es eine eigene Pointe, Artus zum Helden zu machen: Man stellt die leere Projektionsfigur in den Mittelpunkt. Könnte man durchaus als Pop-Art betrachten.

Es ist die Schönheit der mit CGI vollgestopften Leere, die den Film ausmacht. Gerade dadurch, das man mit niemanden mitfühlen muss, kann man den Bombast der Kulisse richtig genießen. Alle Charaktere in diesem Film, die Aufmachung, jede Szene sagt: Ich bin aufregend und habe viel gekostet.

Die einzige Frau, die so etwas wie eine tragende Rolle hat, Àstrid Bergès-Frisbey als Guinevere, sieht sehr gut aus und kann mit ihren Augen Tiere lenken. Man will es eigentlich nicht denken, aber irgendein tief vergrabener Teil in einem fände es toll, sehr gut auszusehen und mit den Augen Tiere lenken zu könnte. "King Arthur" fühlt sich an, als würde man von Models in Mittelalterklamotten mit Geld beworfen, ohne zu wissen, warum. Man weiß, dass es falsch ist, aber irgendwie ist es auch verdammt richtig.

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King Arthur: Legend of the Sword , USA 2017 - Regie: Guy Ritchie. Buch: Ritchie, Joby Harold, Lionel Wigram. MitCharlie Hunnam. Warner, 127 Min.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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