Experimentalfilm:Somniloquies

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(Foto: Verleih)

Der neue Film von Verena Paravel und Lucien Castaing-Taylor kommt erst in ein paar Tagen ins Programm. Er ist jetzt schon ein Versprechen.

Von Philipp Stadelmaier

Vor vier Jahren kam ein sensationeller Film auf die Berlinale, "Leviathan", gedreht auf einem Hochseefischerboot mit sehr kleinen Kameras, wie sie Extremsportler auf ihren Helmen tragen. Diese Kameras waren in wasserdichte Plastikschalen eingewickelt. Die Fischer spielten damit, sie warfen sie hin und her oder schmissen sie in die Fischtanks. Immer wieder mal gurgelte eine Kamera im Kielwasser des Kutters und zeichnete die Linie zwischen Himmel und Meer auf. Man konnte kaum glauben, was Verena Paravel und Lucien Castaing-Taylor da aus dem Ozean zauberten. Es war, als würde man diese Bilder träumen.

Dieses Jahr sind sie mit "Somniloquies" auf der Berlinale. Nach dem, was der Trailer verspricht, lädt auch der zum Träumen ein. Es geht um einen Sänger, Dion McGregor, der im Schlaf seine Träume erzählte - sein Mitbewohner ließ irgendwann ein Tonband mitlaufen. Die Bilder dazu ähneln einer flüchtigen Halluzination in der Dunkelheit: Zum Sound von McGregors Stimme vom Band gleitet der Blick über unscharfe Konturen eines Körpers, und an diesen ab.

Das Festival hat gerade erst begonnen, "Somniloquies" läuft erst in ein paar Tagen. Dennoch erwarten einen jetzt schon diese dunklen Bilder wie ein sicheres Schicksal und ein köstliches Versprechen. Denn genauso wie kein noch so solides Schuhwerk gegen den eisigen Berliner Frost schützen kann, und kein Kraut gegen die Bazillenwelle gewachsen ist, die früher oder später die Festivalbesucher unter sich begraben wird - genauso wenig kann mit zunehmender Festivaldauer noch der aufregendste Film verhindern, dass einen im Kinosaal das Schlafbedürfnis überkommt. Und dann verschwimmen die gesehenen Filme wie im Traum miteinander. Neue Bilder sind von da an kaum noch nötig, sondern Aspirin und Schlaf.

Dieses Mal wird "Somniloquies" der Film sein, der diese Bedürfnisse mit dem Kino aussöhnt und für den ermüdeten Festivalbesucher die Ströme der Bilder in die Dunkelheit zurückverbannt, aus der sie einmal gekommen sind. Wer noch die Augen offen halten kann, wird denken, er schläft. Und wer schläft, wird träumen - inspiriert von den Einflüsterungen Dion McGregors.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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