Erste Leser:Die Mundharmonika als Talisman

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Rose Lagercrantz: Wozu hat man eine Freundin. Aus dem Schwedischen von Angelika Kutsch. Mit Illustrationen von Karen Krings. Moritz Verlag, Frankfurt 2018. 101 Seiten, 11,95 Euro. (Foto: NorbertBlommel)

Die tapfere Heldin Cäcilie wird mit ihren Schwierigkeiten fertig, weil sie eine besondere Freundin findet, Melody. Diese macht sie mutig und stark. Mit viel Glück erfüllt sich ein besonderer Traum.

Von Roswitha Budeus-Budde

Erstlesegeschichten sind oft von einer gähnenden Langeweile, viel anspruchsloser und fantasiefreier als die meisten Bilderbücher. Mit ihnen wird das Kind zwar die Technik des Lesens lernen, doch die Liebe zum Buch, das Lesen selbst lieben zu lernen, ist bei dem eingeschränkten Wortschatz (oft von Schuldidaktikern ausgewählt) kaum möglich.

Natürlich gibt es Verlage, gibt es Autoren, die diese Vorgaben unterlaufen. Dazu zählt auch der Moritz Verlag, der mit seinen Kinderbüchern zwar bei Druck und Gestaltung berücksichtigt, dass die Erstleser große Schrift brauchen und viele Illustrationen - die ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie schon wahnsinnig schnell lesen können - aber auch weiß, dass die Geschichten das Wichtigste sind. Realistisches aus dem Kinderleben, das die Leser fasziniert, wie es die schwedische Autorin Rose Lagercrantz in ihrem neuen Buch "Wozu hat man eine Freundin?", erzählt. Wieder einfühlsam ins Deutsche übertragen von Angelika Kutsch.

Ihre Hauptfigur Cäcilie erlebt eine schwierige Kindheit, mit ihrer schiefen Hüfte und einem kürzeren Bein, das sie beim Laufen behindert. Zu Hause herrscht finanzielle Not, nachdem der Vater die Familie verlassen hat, und die Stimmung wird auch nicht besser durch die gemeinen Kommentare der großen Schwester. Doch diese Schwierigkeiten werden bedeutungslos, als ein neues Mädchen, Melody, in der Klasse auftaucht, eine leidenschaftliche Fußballspielerin, von einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein und Optimismus. Ihre Antwort, als Cäcilie sie fragt, warum sie gut Fußball spielt: "Eigentlich kann das niemand! Man glaubt einfach nur, dass man es kann - und schon geht es".

Und wie dann alles besser wird für Cäcilie, dafür braucht die Handlung eine Reihe glücklicher Zufälle. Sie sind erlaubt als literarische Kunstgriffe in Büchern für kleine Leser. Schließlich sollen sie stellvertretend erleben, wie man es schaffen kann, mit Schwierigkeiten fertig zu werden. Das Mädchen wird selbständiger, Melodys gute Ratschläge helfen ihm, sich gegen die überängstliche Mutter durchzusetzen. Auch ein bisschen Magie kommt ins Spiel, wenn sie als Talisman die alte Mundharmonika des Vaters einsetzt, um das Schicksal zu beeinflussen. Und was es zu bedeuten hat, dass eines der Schlussbilder der Illustratorin Karen Krings sie als Fußballmädchen der Schulmannschaft im Tor zeigt, ahnen die kleinen Leser schon bald. (ab 6 Jahre)

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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