Einstieg in Literatur:Jagd auf den größten Hecht

Lesezeit: 2 min

Michael Engström erzählt in "Kaspar, Opa und der Monsterhecht" ein Großvater-Enkel Abenteuer, in dem der Junge erfahren muss, dass auch geliebte Menschen Fehler machen.

Von Markus C. Schulte von Drach

Es gibt Bücher, bei denen ist es schwer, zu erklären, warum sie literarisch überzeugen. Gerade das kann allerdings ein deutliches Zeichen dafür sein, dass sie tatsächlich rundherum gelungen sind. Schließlich fällt dann nichts hinter einzelne Aspekte zurück - etwa Spannung, Sprache oder Relevanz. Ein solches Kunstwerk ist das Buch Kaspar, Opa und der Monsterhecht von Mikael Engström.

Kaspar lebt bei seinem Großvater in einem Dorf am schwedischen Siljansee. Seine Eltern reisen durch die Welt, um Armen zu helfen - was Kaspars Opa für verrückt hält: Mit dem Elend, so sagt er, könne man nicht fertig werden, genauso wenig wie mit dem Wetter. Sie sind nur noch so selten zu Hause, dass sich ihr Sohn kaum noch an sie erinnert. Kaspar aber geht es trotzdem gut. Und irgendwie ist es ein Privileg, bei diesem alten Mann aufzuwachsen, der im Reichtum der Farben eines Sonnenuntergangs den wunderbarer Nicht-Sinn sieht, dessen Sprache wir nur leider nicht verstehen.

Ihre Zeit verbringen die beiden vor allem damit, Holzpferdchen zu schnitzen. Sonst trifft man sie immer wieder beim illegalen Angeln auf dem See. Das ist kein Zufall. Mit dem Angeln kennt Engström sich aus - fünf Bücher hatte er darüber veröffentlicht, bevor 1997 mit Kaspar sein erstes Kinderbuch in Schweden erschien. Aber obwohl ziemlich viel geangelt und geschnitzt wird, geht es um etwas anderes. Um Ehrlichkeit. Gerade als Opas Bootsmotor den Geist aufgibt, setzt eine Zeitung einen solchen als Preis auf den größten Hecht aus. Da es dem Krämer im Dorf auf undurchsichtige Weise gelingt, den größten Fisch vorzuweisen, beschließt Kaspars Opa zu betrügen. Das aber lässt Kaspar, der bislang angenommen hatte, sein Opa könnte gar nicht lügen, verzweifeln. Schließlich hat ihm gerade erst eine verrückte Alte vom bevorstehenden Jüngsten Tag erzählt. Dann würden die Menschen in Gut und Böse aufgeteilt. Und nun wechselt Kaspars Opa mit einem Schwindel von der Reihe derjenigen, die gerettet werden, in die Reihe der Verdammten? Das muss er verhindern. Und so macht sich Kaspar auf die Jagd nach dem Monsterhecht, um die Seele des Opas zu retten.

Ob Engströms Reflexion dieses zentralen religiösen Themas von Kindern richtig begriffen wird, ist fraglich. Sicher muss manchen jungen Lesern des Buches erklärt werden, woher die religiöse Vorstellung vom Jüngsten Gericht überhaupt kommt - und dass es andere Motive für ethisches Verhalten gibt als die Angst vor göttlicher Strafe. Engströms Kritik ist hier ziemlich subtil. Aber das passt eben wieder zu dem Punkt, der sich für das Buch doch herausstreichen lässt: Die einfache, kaum fassbare Poesie, die es ausstrahlt. Eine Poesie, die auch jüngere Kinder nicht überfordert, die sich noch für die Abenteuer eines Sechsjährigen interessieren. Ein toller Einstieg in richtige Literatur. (ab 8 Jahre)

Mikael Engström : Kaspar, Opa und der Monsterhecht. Mit Illustrationen von Peter Schössow. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. dtv (Reihe Hanser) 2015. 192 Seiten, 10, 95 Euro.

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: