Documenta:Schlittern übers Kunstparkett

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Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle nimmt seine Kritik an der Documenta 14 teilweise zurück. Er hatte die Organisatoren wegen der zweiten Spielstätte in Athen zuvor scharf angegriffen.

Von Catrin Lorch

Der Oberbürgermeister von Kassel, Christian Geselle, hat sich in Sachen Documenta zu Wort gemeldet. Die Ausstellung dürfe auch in Zukunft an mehreren Standorten stattfinden, sagte er dem (k) Kulturmagazin. "Das ist nicht eine Frage des Ob, sondern eine Frage des Wie und Wie viel", so Geselle, der Vorsitzender des Aufsichtsrats der Documenta GmbH ist. Zudem räumte er ein, die vergangene Ausstellung mit ihrem Ableger in Athen sei kein Fehler gewesen: "Athen war Teil der künstlerischen Freiheit von Adam Szymczyk", dem künstlerischen Leiter.

Wer in den vergangenen Monaten die Diskussionen über die Documenta 14 verfolgt hat, wird sich über die moderaten Töne wundern. Christian Geselle hatte sich von der Schau distanziert, seit im August bekannt geworden war, dass eine Finanzierungslücke in Höhe von 5,4 Millionen Euro drohte. In Allianz mit der Lokalzeitung, der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen, inszenierte er sich als Aufklärer und behauptete, die fehlenden Millionen seien in Griechenland ausgegeben worden. Der Ausstellung blieb er fern, auch das traditionelle Abschlussbild mit dem Kurator sagte er ab. Dass zuletzt die renommierte Geschäftsführerin Annette Kulenkampff aus ihrem Amt gedrängt wurde, die bereits im Frühjahr auf die Unterfinanzierung der Ausstellung hingewiesen hatte, war das vorläufig letzte Resultat seines Krisenmanagements.

Die Berufung des künstlerischen Leiters wird jetzt nicht einfach

Die Kunstwelt solidarisierte sich sowohl mit Adam Szymczyk, als auch mit der geschassten Geschäftsführerin. Künstler aus aller Welt stellten sich öffentlich hinter das Team und das Konzept der Documenta 14. Skandal ist, aus internationaler Sicht, nicht das Defizit, sondern wie die wohl bedeutendste Ausstellung zur zeitgenössischen Kunst in Nordhessen diffamiert wurde. Der Ruf der Documenta GmbH hat gelitten. Jetzt muss eine Findungskommission besetzt werden, um einen neuen künstlerischen Leiter für die nächste Ausgabe im Jahr 2022 zu bestimmen. Gleichzeitig wird man bis zum Sommer, wenn Kulenkampff aufhört, einen neuen Geschäftsführer eingestellt haben. Selten waren die Voraussetzungen für so wichtige Berufungen - auch im zerstrittenen Aufsichtsrat - schlechter. Immerhin kündigt Geselle an, die Suche nicht persönlich begleiten zu wollen: "In der Findungskommission sind Leute, die sich auf dem künstlerischen Parkett bewegen, da ist kein Mitglied des Aufsichtsrats, der Landesregierung, des Magistrats der Stadt Kassel."

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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