Diskussionskultur:Hitlers Präsenz

Eine Studie bestätigt "Godwins Gesetz": Danach kommt jede Diskussion, wenn sie nur lange genug geführt wird, auf Hitler und den Nationalsozialismus.

Er ist wirklich immer noch da . . . Eine neue Internetstudie belegt die Richtigkeit von Godwin's Law. Im Jahr 1994 hatte der Rechtsanwalt und Autor Mike Godwin in der Zeitschrift Wired dargelegt, dass mit wachsender Länge eines Gesprächs die Wahrscheinlichkeit politisch abwertender Kommentare wächst - und somit das Gespräch irgendwann auf Hitler und den Nationalsozialismus komme: Durch Vergleiche mit Diktaturen sollten die Argumente des Diskussionspartners entkräftet werden - für Godwin ein Akt der Verzweiflung. Gleichzeitig warnte er vor einer Trivialisierung der europäischen Geschichte durch derartige Analogien. Bekannt wurde die These als "Godwins Gesetz".

Eine neue (nicht wissenschaftliche) Studie belegt nun Godwins Beobachtung in online geführten Gesprächen. 78 Prozent der auf Blogs geführten Gespräche mit 1000 oder mehr Kommentaren wurden demnach tatsächlich auf Adolf Hitler, den Holocaust oder die Nationalsozialisten gelenkt. Die von dem Daten-Analytiker unter dem Pseudonym Curious Gnu veröffentlichten Ergebnisse stützen sich auf statistische Erhebungen aus 4,6 Millionen Kommentaren. Durch das Internet sei ein breites Spektrum verschiedener Ansichten miteinander in Kontakt gebracht worden.

Godwin fühlte sich bestätigt durch den statistischen Ansatz von Curious Gnu - "ich wünschte, ich hätte selber daran gedacht", zitiert ihn der Radiosender npr. Gleichzeitig nutzte Godwin die Erhebung, um nochmals die Online-Kommentare zu relativieren: Wichtig sei nach wie vor der direkte Kontext der Gespräche.

© SZ vom 11.05.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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