Digitales Magazin:Heterotopias

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Der Autor Gareth Damian Martin hat ein digitales Magazin gegründet, mit dem er Computerspiele zum öffentlichen Raum machen will. Beim Titel "Heterotopias" ließ er sich von einem Philosophen inspirieren: Michel Foucault.

Von Philipp Bovermann

Der öffentliche Raum wächst. Fragt man den Autor Gareth Damian Martin, gehören auch die virtuellen Welten von Computerspielen dazu. Sie seien, schreibt er, "die Kathedralen unserer Zeit. So wie diese steinernen Monumente philosophische Ideen widerspiegeln, stecken auch in Computerspielen kraftvolle Darstellungen, wie wir die Welt sehen, wie wir sie erschaffen und erfahren."

Deshalb hat er das digitale Magazin Heterotopias gegründet, das sich essayistisch und künstlerisch mit den Strukturen dieser Welten beschäftigt. Es geht um virtuelle Architektur. Martin will "einen neuen kritischen Umgang mit den Räumen von Games erschaffen".

Für die erste Ausgabe hat der Herausgeber mit einem billigen, analogen Fotoapparat "Screenshots" von der Reproduktion Shanghais in "Kane & Lynch 2: Dog Days" gemacht, um, wie er schreibt, "zum architektonischen Rauschen dieser Stadt beizutragen". Auf einem der Fotos enden die Gebäude nicht, sondern verschmelzen himmelwärts mit grellen Lichtern. Das visualisiert die implizite These des Magazins: Der Begriff "Heterotopie" stammt vom Philosophen Michel Foucault, der damit umschlossene Räume meint, in denen die herrschende Ordnung teilweise außer Kraft gesetzt ist - darin liegt ein Freiheitsversprechen, ein Moment von Offenheit. Der Autor Chris Priestman demonstriert das in einem Essay mit einem Gerücht, das damals über "Tomb Raider" (1996) umging. Angeblich konnte man mit einem kunstvollen Sprung von einem bestimmten Abhang eine Tür in der gegenüberliegenden Mauer erreichen, doch niemandem gelang das Manöver. "Ob ich diesen Raum erreiche oder nicht, ist nebensächlich. Was zählt, ist das, was er repräsentiert."

Sich verstärkt auf die erzählten Räume von Games zu konzentrieren, wie es Heterotopias tut, liegt übrigens genau im Trend. Zum Beispiel schneidet der Youtube-Kanal Other Places, unterlegt von Musik, kurze Panorama-Einstellungen aus Spielwelten quer durch alle Genres zusammen. Aus der Handlung herausgelöst scheinen diese Orte plötzlich ein rätselhaftes Versprechen in sich zu bergen.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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