Die Krimi-Kolumne:Villa Gründgens

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Der Schauspieler Dominique Horwitz hat seinen ersten Roman geschrieben. In "Tod in Weimar" geht es um den skurrilen Touristen-Kutscher Kaminski und eine Mordserie in einer Senioren-Theatertruppe.

Von Katharina Riehl

Ein Überblick über das deutsche Kriminalwesen, im Fernsehen ebenso wie in der Literatur, ließe sich wohl am ehesten auf einer Landkarte darstellen - ist es doch schließlich sehr viel wichtiger, wo gestorben wird, als wie gestorben wird. In einer kaum noch überblickbaren Vielzahl regionaler Krimis von friesisch bis alpenländisch wird vor allem von Schrecklichkeiten in der Provinz erzählt, Mord vor einer Kulisse, die unschuldiger nicht aussehen und verkommener nicht sein könnte.

Der Schauspieler Dominique Horwitz, den der Fernsehzuschauer auch wiederum vor allem aus Kriminalfilmen kennt, hat seinen ersten Roman nun ebenfalls vor pittoresker Kulisse angerichtet, in der Schiller-und-Goethe-Stadt Weimar, wo das Verbrechen ja von Haus aus literarisch wertvoll sein muss.

In Weimar also steht ein schmuckes Seniorenheim, in dem eine Reihe rüstiger Herrschaften gerade eine Interpretation der "Räuber" einstudieren, als plötzlich zuerst der Hausmeister jenes Etablissements, und dann nach und nach die Mitglieder der Theatergruppe unverhofft das Zeitliche segnen. Nun gehört das Sterben in einer Einrichtung wie der Villa Gründgens leider zum Konzept, aber dem Kommissar kommt das zahlreiche und unvermittelte Ableben trotzdem komisch vor. Und Roman Kaminski, schwer belesener Touristen-Kutscher und Hauptfigur des Buches, sieht sich bald im wahrsten Sinne des Wortes gezwungen, an den Ermittlungen mitzuwirken.

Dominique Horwitz: Tod in Weimar. Kriminalroman. Knaus Verlag, München 2015, 288 Seiten, 19,99 Euro. E-Book 15,99 Euro. (Foto: Knaus)

Vieles an "Tod in Weimar", die skurrilen Figuren und das noch skurrilere Voranschreiten der Ermittlungen, erinnert schon sehr an die bemüht vergnüglichen Fernsehfilme im öffentlich-rechtlichen Krimiangebot. Der Kommissar ist natürlich ein ziemlicher Depp, der vor lauter Karrieremachen das Arbeiten vergisst. Richten muss es dann jener brummelige Kutscher, der Ermittler wider Willen, man kennt diese Konstellationen. Unterstützt wird Kaminski bei seinen Recherchen noch von einer 14-jährigen Rotzgöre namens Frettchen mit Nietengürteln und fragwürdigem Vokabular, die sicher nicht zufällig an Stieg Larssons berühmte Co-Ermittlerin Lisbeth Salander erinnert.

"Tod in Weimar" aber ist nicht so schlicht, wie man es ob mancher inhaltlicher und sprachlicher Plattitüden meinen könnte, wenn Kaminski etwa ein wenig zu oft das Herz in die Hose rutscht oder die Luft wegbleibt.

Hübsch ist zum Beispiel, wie Horwitz mit den Klischees jener unterhaltenden Literatur spielt, die er ziemlich professionell bedient. Jedes Kapitel beginnt mit einer ausführlichen Beschreibung der aktuellen Wetterlage, und jeder Kapitelanfang endet mit der Überlegung, wofür eben diese Wettermetapher wohl stehen könnte: "Nee nee, Kaminski, so was will doch kein Mensch lesen. Und was willst du überhaupt damit sagen?". Dass der Kutscher Goethe und Schiller zitiert, wenn ihn etwas bewegt, kann man natürlich albern finden. Aber jede Krimi-Region hat nun einmal ihren eigenen Sound.

© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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