Deutsche Gegenwart:Mutti-Tasking

Lesezeit: 4 min

Nach dem Sanitär-Bestseller "Feuchtgebiete" und der Trauma-Therapie "Schoßgebete" erzählt Charlotte Roche in "Mädchen für alles" erstmals ohne autobiografische Züge.

Von Christopher Schmidt

Einmal, da ist die Party im Haus noch voll im Gange, rettet Christine ein Eichhörnchennest, das aus dem oberen Stockwerk auf die Terrasse gefallen ist. Behutsam trägt sie den Kobel hinauf ins Kinderzimmer, wo ihr Mann Jörg gerade die kleine Mila wickelt, und manövriert ihn zurück an seinen Platz. Weil Jörg das Fenster gekippt hatte, war das Nest abgestürzt. Die Eichhörnchenrettung ist die einzige Anwandlung von Fürsorge in Charlotte Roches neuem Buch "Mädchen für alles", und da sie nicht dem eigenen Kind gilt, sondern einer Eichhörnchenfamilie, fragt man sich, ob die Ich-Erzählerin sich eher in der Rolle der Ersatzmutter sieht oder nicht doch in der Rolle des schutzlosen Babys. Schließlich fühlte sie sich selbst wie aus dem Nest gefallen, seit ihre Eltern sich trennten; damals war sie elf.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: