Denkmalschutz:Verlustreiche Gemeinsamkeit

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Das Innere der Berliner Hedwigs-Kathedrale darf nach den Wünschen des Bistums umgebaut werden.

Von Jens Bisky

Berlin wird ein weiteres Baudenkmal verlieren, einen Ort geteilter Nachkriegsgeschichte, wie es ihn kein zweites Mal gibt. Die Oberste Denkmalschutzbehörde hat den kulturhistorisch verheerenden Umbau des Innenraums der St. Hedwigs-Kathedrale weitgehend genehmigt. Die Entscheidung, hieß es, sei "tragisch", habe jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht anders ausfallen können.

Die Hedwigskirche, unter Friedrich II. errichtet, war im März 1943 bei einem Bombenangriff fast völlig ausgebrannt. Für die Wiederherstellung des im Ostteil gelegenen Gotteshauses gewann man den Architekten Adenauers, Hans Schwippert, der zuvor mit Bauten in Bonn bekannt geworden war. Er schuf unter der Kuppel aus Stahlbetonrippen einen einzigartigen Sakralraum, an dem Künstler aus beiden deutschen Staaten gemeinsam arbeiteten. Sie begannen 1952, waren 1963 fertig. Schwippert hatte Unter- und Oberkirche, Memorialebene und Kirchenraum, als Einheit verstanden. Die Öffnung zur Unterkirche - eine Treppe führt hinab zu acht Kapellen - soll nach dem Willen des Erzbistums Berlin bald geschlossen werden, damit sich die Gemeinde in konzentrischen Kreisen um den Altar versammeln könne. Die Öffnung im Boden, hieß es oft, verhindere das gemeinsame Feiern des Gottesdienstes. Seit die Neugestaltungspläne bekannt wurden, gab es immer wieder Proteste und Widerspruch. Bereits im Wettbewerb, den 2014 Sichau & Walter Architekten GmbH aus Fulda mit Leo Zogmayer aus Wien gewannen, wies der Denkmalschutz darauf hin, dass keiner der eingereichten Beiträge den Charakter des Denkmals bewahre.

Die jetzige Genehmigung gewichtet die Interessen des Erzbistums an der liturgisch erwünschten Gestaltung stärker als das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Denkmals. Das ist wohl richtig, aber bitter. Nicht weit von der Kathedrale steht die durch Bauarbeiten in der Nachbarschaft demolierte Friedrichswerdersche Kirche, auch da lief alles nach den Regeln. Ein anderer Fall, das nämliche Fazit: Der Denkmalschutz kann Denkmäler sehr oft nicht schützen.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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