Debatte um Statuen:Enthüllungen

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Weggepackt: Sperrholzpanele verdecken während des Besuchs von Irans Präsident Rohani den Blick auf die Statuen in den Kapitolinischen Museen in Rom. (Foto: Giuseppe Lami/AP)

Wie kam es, dass in Rom Statuen während des Besuch von Irans Staatspräsident Rohani bedeckt waren? Beide Seiten sind nun bemüht, der Polemik den politischen Stoff zu entziehen.

Von Oliver Meiler

Auf die große Verhüllung folgt die große Entwindung. Italiens Regierung wehrt sich gegen den Vorwurf, sie habe einige Nacktstatuen in den Kapitolinischen Museen von Rom eigens dafür hinter weißen Verschalungen verschwinden lassen, damit der iranische Präsident Hassan Rohani, der gerade zu Besuch war, sich bei deren Anblick nicht brüskiert fühle, ja womöglich gar verletzt in seinen kulturellen und religiösen Empfindungen. Verhüllt wurden unter anderem die Kapitolinische Venus, eine Idealschönheit der Antike, und ein speziell sinnlicher Dionysos.

Der Entscheid, so ließ nun Kulturminister Dario Franceschini ausrichten, sei in der staatlichen Protokollabteilung und ohne sein Wissen gefallen und "völlig unverständlich". Auch Premier Matteo Renzi sagte, er sei nicht informiert gewesen, er billige die Anordnung nicht. Rohani wiederum beteuerte, es habe vor seiner Reise keine Gespräche darüber gegeben, wie das Dekor des Besuchs und der Pressekonferenz auszusehen habe: "Ich kann nur sagen, dass die Italiener sehr gastfreundlich sind. Sie unternehmen alles, damit der Gast sich wohlfühlt, dafür danke ich ihnen."

Beide Seiten sind also bemüht, der Polemik allen politischen Stoff zu entziehen. Doch wahrscheinlich wird das nicht so schnell gelingen, wenigstens in Italien nicht. Die Zeitungen sind einhellig der Ansicht, Italien habe da mit deplatziertem Übereifer seine Kultur verraten. Der Corriere della Sera aus Mailand schreibt von einer "kulturellen Senkung"; La Stampa aus Turin wähnt in der Verhüllung eine "Unterwerfung"; und La Repubblica aus Rom beklagt eine "Selbstverhüllung".

Die staatliche Nachrichtenagentur Ansa, nüchtern wie immer, erinnert unterdessen daran, dass zuweilen auch andere Gemüter vor einer möglichen Brüskierung geschützt würden. So wurden im vergangenen Sommer in Turin die erotischen Plakate der polnischen Künstlerin Tamara de Lempicka abgedeckt, bevor Papst Franziskus die Stadt besuchte. Ebenfalls präventiv, mit Übereifer.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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