Das ist schön:Summa cum laude

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Latein hilft auch im Alltag weiter

Von Karl Forster

Scherze mit Latein sind schwierig. Zum einen, weil sie naturgemäß nur eine Minderheit versteht (was diese Minderheit manchmal zu der irrigen Annahme verleitet, etwas Besseres zu sein). Zum anderen, weil diese Minderheit die meisten solcher Witzigkeiten längst kennt, schließlich ist das Lateinische ja eine tote Sprache, wo sollen da neue Witze herkommen? Wenn also einer aus oben genannter Minderheit anfängt mit "Ignis quis vir" oder "Caesar iuxta navigavit", gähnt jeder Minderheitenvertreter betont gelangweilt, weil für ihn die Verballhornung von "Feuerwehrmann" oder der grammatikalisch fragwürdige Satz "Cäsar schiffte daneben" einen Bart haben vom Tiber bis an die Isar.

Trotzdem tauchen vor allem in der Werbung oder bei der Benennung von Produkten überraschend oft Begriffe auf, die dem Lateinischen entlehnt sind und sich meist ganz ernsthaft mit ihrer ursprünglichen Bedeutung ins aktuelle Lebensgeschehen einmischen. So kommt es, dass wir heute Begriffe wie Duracell (dura cella - dauerhafte Zelle), Labello (labellum - Lippe, hier sogar mit astreinem Ablativ) bis zu Volvo (volvere - rollen) dem Alltag längst einverleibt haben. Alete (sehr freier Imperativ von alere - nähren, müsste korrekt alite als Proparoxytonon lauten, aber das führt jetzt zu weit) oder Lenor (lenis - sanft) gehören zum Hausfrauen-/Hausmännerdeutsch wie Vim (vis - Kraft) oder Prodomo (pro domo - fürs Haus).

Nun hängt (auch) in Münchens U-Bahnhöfen seit Wochen ein Plakat, dessen Beziehung zur lateinischen Sprache sich erst auf den dritten Blick erschließt, und dann auch nur über den Umweg zum Titel "Herr Doktor". Ein solcher lächelt hier, mit Stethoskop um den Hals und vertrauenserweckendem Dreitageweißbart. Er wirbt für den Arzt im Netz statt in der Praxis und nennt sich "Doktor Magnus C. Laude". Klingt nach weißkitteliger Distinguiertheit. Sollte nun dieser Magnus C. Laude wirklich promoviert haben, vielleicht nicht ganz zur vollsten Zufriedenheit der Prüfer, so hätte es für seine Doktorarbeit kein "summa cum laude" (mit höchstem Lob) gegeben, sondern nur ein "magna cum laude"(großes Lob) für Magnus C. Laude.

Könnte es also sein, dass jener Doktor Magnus C. Laude nur ein verballhornter Begriff ist aus einer altsprachlichen Akademikerwelt? Ein Wechselbalg aus toter Sprache und moderner Werbewelt? Ein Avatar der Medizin 4.0? Wohl dem also, der noch einen real existierenden Hausarzt hat, welcher einem, was derzeit häufig vorkommt, vielleicht zu Mucosolvan rät. Kommt von "mucus" - Rotz und "solvere" - lösen. Wenn's wirklich hilft, ist das sehr schön.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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