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Bairisch blüht wieder auf - als Wahlfach und in Gedichten

Von Karl Forster

Nein, das kann kein Zufall sein. Da gibt es in einem Truderinger Kindergarten neuerdings das Fach Bairisch als Wahlunterricht. Da triumphiert gerade in der Lach- und Schießgesellschaft mit Sigi Zimmerschied ein Kabarettist, dessen bairischer Dialekt mindestens ebenso prägnant ist wie seine Mimik. Und da bringt nun die Verlagsanstalt Bayerland ein Buch auf den Markt, in dem die Historie Münchens in Gedichtform abgehandelt wird, also: nicht nur als Gedicht, sondern in sehr bairischen Versen. Eine Ballung von Ereignissen, die all jenen, die in München und drum herum den Originalton Süd für ein Indiz geistiger Dürftigkeit halten, die Nackenhaare aufstellen wird. Denn einerseits liebt der Münchner die alladventlich ertönenden Reimepaare "staad"/"vawaht" und "vaschniebn"/"bliebn", andererseits stehen in den Buchhandlungen, die ihrer Klientel das Gefühl geben wollen, etwas Besseres zu sein, Bavarica mindestens separat und meistens im Abseits.

Nun aber scheint es eine gewisse Renaissance zu geben, vielleicht unter anderem als zustimmende Reaktion auf Franz Xaver Bogners so wunderbar bairisch tönende TV-Serien, die quasi ein Gegengift sind zum Kitschbairisch der "Dahoam is dahoam"-Fraktion. Vielleicht aber auch als ganz private Gegenreaktion auf die in völkischem Deutsch "Wir sind das Volk"-Schreier, um ihnen klar zu machen: Das Volk, "des san oiwei no mir und ned es." Es kann aber auch sein, dass sich das Pendel, lange auf der Münchenhochdeutschseite, wieder Richtung Minga bewegt, wie die Landeshauptstadt ja außerhalb immer noch gerne genannt wird.

Doch es haben auch in den Jahrzehnten der Dialektverweigerung dem Bairisch verhaftete Dichter leise, aber konsequent weitergedichtet, Reime geschmiedet, Aphorismen erfunden. Kunstvoll das Alte bewahrend wie Franz Freisleder, böse und bitter wie der frühe Kroetz, überschäumend und knallig wie mancher Poetry-Slammer beim Gstanzl RMX in Pfaffenhofen oder den Charme der Siebziger pflegend wie der ewig grüne Helmut Eckl immer noch hinten im Fraunhofer. Und nun also "D' Münchner Gschicht ois Gedicht". Die Autorin Hildegard Pflügler ist als solche spätberufen und heute schon in den Achtzigern. Wie auch immer die Rezeption ihres 128-seitigen Werkes ausfallen mag, es wird helfen, die Sprache des Münchners am Leben zu erhalten. Und das ist schön. Besser noch: Ja, des is schee. Am Besten: supa!

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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