Bitcoin:Ausgezahlt

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Erneut versuchen Medien, die unbekannten Bitcoin-Erfinder zu enttarnen. Einer davon soll ein flüchtiger australischer Unternehmer sein.

Von Johannes Boie

Ein unscheinbarer Mann im gestreiften Hemd mit nachlässig sitzendem Sakko ist auf der Videoleinwand zu sehen, im Hochformat gefilmt, wie es Menschen tun, die sich nicht die Mühe machen, ihr Handy bei Aufnahmen quer zu halten. So war die Szene im Oktober auf einer Bitcoin-Konferenz in Las Vegas, als ein weithin unbekannter Wissenschaftler aus Australien im Videostream zugeschaltet wurde. Im Rückblick erscheinen nun allerdings ein paar Sätze, die Craig Steven Wright während seines Auftritts von sich gab, in neuem Licht. "Wann haben Sie das erste Mal von Bitcoins gehört?", fragt die Moderatorin. "Äh, also, ich befasse mich damit seit langer Zeit", sagt Wright, "ich versuche . . . ich bleibe unter der Wahrnehmungsgrenze." Es ist ihm nicht gelungen. Das amerikanische Tech-Magazin Wired und das Portal Gizmodo verkünden jetzt, Wright sei sehr wahrscheinlich einer der Erfinder von Bitcoin. Hunderte Seiten PDF-Dokumente, die den Redaktionen zugespielt wurden, sollten als Beweis dienen.

Sollte das stimmen, ist ein Jahre altes Rätsel gelöst. Bitcoins sind digitale Zahlungsmittel, die die Vorteile von Bargeld - Anonymität und Unabhängigkeit - mit den Vorteilen des Digitalen - Bezahlen global und innerhalb eines Sekundenbruchteils - kombinieren. Das System ist deshalb solchen Staaten und Banken ein Dorn im Auge, die künftig nur noch nachverfolgbare Finanztransaktionen erlauben wollen. Obwohl Bitcoins einigermaßen kompliziert zu verwenden sind, ist die Währung sehr erfolgreich. Ein Bitcoin ist derzeit knapp 400 Euro wert.

Doch jahrelang konnten ausgerechnet die Genies, die die Währung samt ihrer äußerst durchdachten Funktion erschaffen hatten, nicht gefunden werden. Einmal glaubte das Magazin Newsweek, den Erfinder in einem Amerikaner aus Los Angeles, Satoshi Nakamoto, entdeckt zu haben. Den japanischen Namen hatte der Bitcoin-Gründer - mutmaßlich Wright - in verschiedenen Foren verwendet. Der Newsweek-Artikel war eine Ente und eine große Blamage für das Blatt, das nur noch digital erscheint und eigens für diese Geschichte die Druckmaschinen angeworfen hatte.

Entsprechend vorsichtig sind Wired und Gizmodo. Neben Wright wollen sie auch noch den Kalifornier Dave Kleinman als zweiten Bitcoin-Erfinder identifiziert haben - der verarmt in Kalifornien gestorben ist. Wright hingegen scheint ein äußerst erfolgreicher Gründer und Firmenchef zu sein. Einem Bericht des Guardian zufolge wird in Australien jedoch wegen Steuerhinterziehung gegen ihn ermittelt. Er soll mit seiner Familie mittlerweile nach London gezogen sein.

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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