Biografie:Tauchgänge

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Claire A. Nivola: Das blaue Herz des Planeten. Die Geschichte einer Meeresforscherin. Aus dem Englischen von Brigitte Elbe. Freies Geistesleben 2015. 40 Seiten, 15,90 Euro. (Foto: Verlag)

Die Geschichte der Meeresbiologin Sylvia Earle, die als eine der ersten Meereswissenschaftlerinnen die Ozeane erforschte.

Von Katrin Blawat

Es ist leicht, sich vom Meer täuschen zu lassen. Wenn es sich mit tosender Brandung an Klippen bricht oder regungslos in der Sonne glitzert - denkt dann irgendjemand an all die ökologischen Katastrophen, die die Ozeane in Gefahr bringen? Überfischung, Vermüllung, Korallensterben und sogar Ölverschmutzungen bleiben vom Land aus betrachtet meist eher abstrakte Probleme.

Für die heute 80-jährige Sylvia Earle sind sie zu einer Lebensaufgabe geworden. Die Meeresforscherin und Umweltaktivistin hat erst mit ihren Tauchgängen im Meer, anschließend durch Vorträge und Filme Berühmtheit erlangt, unter Wissenschaftlern ebenso wie bei Laien. Ihr Rezept: Einerseits von der Erhabenheit des Meeres zu erzählen, von seinem geheimnisvollen Leben tief unter der Wasseroberfläche - und auf der anderen Seite seine Verletzlichkeit zu betonen angesichts der Frevel, die der Mensch den Ozeanen antut.

Diesem Muster folgt auch die Autorin und Illustratorin Claire Nivola in ihrer " Geschichte einer Meeresforscherin". Sie begleitet den Teenager Sylvia, der mit seinen Eltern von New Jersey nach Florida zieht und dort sofort vom Meer vor ihrer Haustür fasziniert ist. Mit 16 Jahren berührt die spätere Wissenschaftlerin zum ersten Mal in zehn Meter Tiefe und in Taucherausrüstung den Grund eines Flusses. Von da an werden ihre Ausrüstungen immer ausgeklügelter und ihre Aufenthalte unter Wasser immer ausgedehnter. Vor den amerikanischen Jungferninseln arbeitete sie 1970 sogar zwei Wochen lang in einem Tiefsee-Unterwasserlabor. Oft war Sylvia Earle die einzige Frau unter männlichen Kollegen und schaffte es, sich den respektvollen Spitznamen "Her Deepness" zu ertauchen. "Sylvia kannte keine Grenzen, wenn es galt, noch tiefer zu tauchen, um noch mehr zu sehen", schreibt Nivola.

Dieser mutigen Seite von Sylvia Earle gibt Claire Nivola viel Raum in ihrem Buch. "Geht hinaus in die Natur, seid neugierig, traut euch, macht euch selbst ein Bild vom Leben!", ist die Botschaft, die sie ihren jungen Lesern vermittelt.

Doch jenseits dieser Ermunterungen lassen Claire Nivola und ihre Übersetzerin Brigitte Elbe auch Zeit für stillere Momente. Dazu tragen vor allem die meist großformatigen Zeichnungen bei, in denen bunte Fische um Sylvia Earle herumschwimmen, riesige Wale dicht an ihr vorbeistreifen und filigrane Wesen im nachtblauen Wasser ihre geheimnisvollen Leuchtsignale aussenden. Auch die Meeresforscherin selbst kommt hier zu Wort: "Unzählige Wesen flimmern, blitzen und versprühen ihr Licht, ein jedes auf seine Weise, wie die Leuchtkäfer und Glühwürmchen hier an Land!" Dabei verströmen die dazugehörigen Zeichnungen gleichzeitig eine Lebendigkeit und Ruhe, die auch jene faszinieren können, die nicht gleich selbst wie Sylvia Earle tief hinabtauchen mögen.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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