Biografie:Jobs ohne Steveness

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Der schnörkellose Comic zum Leben des Apple-Gründers ist wohltuend entfernt von Hagiografie. Eine ironische Brechung des Images vom Avantgarde-Hightech-Guru. Mit Verständnis für dessen Macken.

Von Bernd Graff

Steve Jobs, der 2011 verstorbene Apple-Gründer, galt als so geniale wie schwierige Persönlichkeit. Stilsicher, perfektionistisch, detailversessen, ein Freak, Künstler, Nonkonformist und Querdenker - so sind die Eckpunkte einer Hagiografie des Geschäftsmannes definiert. Jobs war aber auch der zur Adoption freigegebene verlorene Sohn, der seinen Platz in der Welt nur auf Umwegen gefunden, sich dann aber zielstrebig weiterentwickelt hat. Oft auch unter Einsatz seiner Ellenbogen. Biografien von Jobs, der von seinem Umfeld mindestens ebenso gefürchtet war, wie er von Fans in aller Welt als "His Steveness" glorifiziert wurde, gab es schon zu dessen Lebzeiten. Sie beschrieben sein Leben punktgenau, aber oft auch verdichtet zu einem Musterleben wie aus dem Bildungsroman: Mit 30 Jahren war er bereits Millionär, verließ Apple aber eher unfreiwillig, blieb erst erfolglos mit der neuen Computerfirma Next, hatte dann aber sagenhaften Erfolg mit den Filmproduktionen von Pixar, während Apple in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. All das ereignete sich offenbar nur, damit Jobs zu Apple zurückkehren und das marode Unternehmen mit seinen Über-Schöpfungen: IMac, iPod, iPhone zu einem nie gekannten, nie da gewesenen Glanz führen konnte. So die Story in der Glitzerversion.

Kann man sie in einem Comic erzählen? In Schwarz-Weiß gezeichnet? Jedenfalls kann es die Autorin und Zeichnerin Jessie Hartland, die nach intensivem Studium der einschlägigen Jobs-Biografien und der vielen Artikel in Hochglanz- und Fachzeitschriften zum Mythenmann eine kundige, sehr schlanke Graphic Novel zu dessen ungewöhnlichem Leben vorgelegt hat. Hier wird nichts Wesentliches ausgelassen, es wird aber auch nichts vertieft. Es sind keine edlen epischen Gemälde entstanden. Hartland arbeitet mit schnellem, schnörkellosem Strich, sie macht sich kaum die Mühe, Jobs realistisch oder in leuchtender Steveness darzustellen. Wenn man bedenkt, wie sehr Jobs daran arbeitete, durch sein Äußeres: den Rollkragen, Jeans, Brille und Bart zu einer unverwechselbaren Ikone zu werden, dann ist diese grafische Reduktion auch eine ironische Brechung des Images vom avantgardistischen Hightech-Guru. Jessie Hartland hat ein klares Gespür für die Bedeutung dieses Mannes in der Computer- und Designgeschichte. Ansonsten hat sie viel Verständnis für dessen Macken. Doch das tut ja niemandem weh

Jessie Hartland : Steve Jobs. Das wahnsinnig geniale Leben des iPhone-Erfinders. Eine Comic-Biografie. Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Schimming. Fischer 2016. 237 Seiten. 16,99 Euro.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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