Bilderbücher können Wölfe im Schafspelz sein. Unschuldig liegen sie vor einem mit ihren gemalten Knuddelfiguren. Der Vorleser greift zu, nichts Böses vermutend. Er ist schon im schönsten Vorlesefluss, da kommt dieser Satz: "Deshalb ist es wichtiger, sich regelmäßig die Hände zu waschen, als die Haare zu föhnen." Vorher wird die von Elterngeneration an Elterngeneration weitergegebene Weisheit "Wenn du mit nassen Haaren rausgehst, erkältest du dich . . ." als Quatsch bezeichnet. Eine Erkältung werde von Viren ausgelöst, nicht aber von nassen Haaren. Hmm. Wer dann noch weiterliest, muss auch mit folgendem Satz klarkommen: "Es ist völlig ungefährlich, wenn ihr hin und wieder einen Kaugummi verschluckt." Nicht wenige Vorleserinnen und Vorleser werden sich hier erinnern, wie sie im Kurs "Erste Hilfe für Eltern" eine Gummikugel in der Größe eines Hubba Bubba aus einer Kinderpuppe herausprügelten. Sagen wir es vorsichtig: Das Bilderbuch So ein Quatsch! ist an manchen Stellen eine Provokation. Ansonsten ist die Buchidee "Was Eltern erzählen und Kinder bloß nicht glauben sollten" (so steht es im Untertitel) durchaus begrüßenswert. Das Gewäsch vom Klapperstorch, vom tapferen Indianer, von stehen bleibenden Augen oder von leichten Schlägen auf den Hinterkopf braucht wirklich kein Kind mehr. Kinder reagieren nach Lektüre dieses Buches auch auf andere erzieherische Maßnahmen dann gerne mit dem empörten Ausruf "So ein Quatsch!", was zu lustigen Auseinandersetzungen führen kann. Auf jeden Fall bringt das Buch Eltern und Kinder dazu, über Sinn und Unsinn gut gemeinter Ermahnungen zu reden. Verdienstvoll sind außerdem die Illustrationen, die kindlich-absurd gehalten sind - und damit durchaus zeigen, welche Bilder die altbekannten Elternsprüche in Kinderköpfen erzeugen können. Somit ein wichtiges Buch, das man allerdings vor dem Vorlesen gelesen haben sollte. (ab 5 Jahre)
Martina Badstuber : So ein Quatsch! Was Eltern erzählen und Kinder bloß nicht glauben sollten. Klett Kinderbuch 2015. 24 Seiten, 14,50 Euro.