Berliner Ensemble:Carmen-Maja Antoni

Lesezeit: 1 min

(Foto: Marcus Lieberenz/bildbuehne.de)

Abschiedsabend. Letzte Inszenierung der Ära Peymann. Alles eher so mittel. Aber dann kommt sie auf die Bühne . . .

Von Mounia Meiborg

Ein Abschied ist immer auch eine Abrechnung. Denn wenn einer geht, zeigt sich, wie sehr er geschätzt wurde - oder auch nicht. Das ist auf jeder Firmenfeier so und auch im Berliner Kulturbetrieb nicht anders. Dort treten im Sommer die Herren zweier sehr unterschiedlicher Universen ab, Claus Peymann und Frank Castorf. Und während Castorfs Volksbühne der unangefochtene Liebling der Theaterszene und des Feuilletons ist, ist das Berliner Ensemble eher ein Thema für die Randspalte. Kurz vor Schluss gibt es hier aber noch mal einen großen Auftritt. Es ist ein insgesamt eher schleppender Abschiedsabend von Leander Haußmann und Sven Regener, der "Die Danksager" heißt, um Bob Dylan kreist - und von dem vor allem eine Szene von Carmen Maja-Antoni in Erinnerung bleibt. Die kleine Frau mit der herben Stimme und dem weißblonden Haar hat 41 Jahre am Berliner Ensemble gespielt. Als sie 1976 anfing, wurde der Palast der Republik eröffnet und Helene Weigel war Intendantin. Später kamen Ruth Berghaus, Peter Zadek und Heiner Müller. Im schwarzen Hemd steht Carmen-Maja Antoni auf der nackten Bühne. Sie spielt den autoritären Intendanten eines Theaters, den alle nur "Der General" nennen - und mit dem natürlich Claus Peymann gemeint ist. Aber es ist zugleich eine große Schauspielerin, die hier Bilanz zieht, und zwar in der ihr üblichen trockenen Art. Gleich vorab stellt sie fest: "Es gibt vieles zu sagen, wenn man eine Sache so lange betreibt wie ich, aber eins muss klar sein: Man kann nicht alles sagen und man will es auch nicht." Sie stellt dann die großen Fragen. Nach dem Verfallsdatum von Künstlern und dem Lauf der Zeit: "Ich habe früher andere abgelöst und jetzt lösen andere mich ab." Nach der eigenen Eitelkeit, die sie zu Preisverleihungen getrieben habe. Und nach Anerkennung, die man stets suche und schließlich, wenn man sie bekomme, nicht mehr gebrauchen könne. Wenn sie am Ende das Zepter der Macht, eine Allround-Fernbedienung, an den Haken hängt, kann einem schon wehmütig werden. Bei Carmen-Maja Antoni sitzt jede Silbe, jedes Wort, jeder Bruch. Sie spielt so konzentriert wie unprätentiös. Und vor allem: nie sentimental. Was für ein Abschied!

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: