Ausstellung:Versehrtheit in Bronze

Lesezeit: 2 min

Der Münchner Bildhauer Toni Stadler inmitten einiger seiner Skulpturen im Garten, fotografiert von Stefan Moses. (Foto: Stefan Moses)

Die Akademie der Schönen Künste ehrt den Bildhauer Toni Stadler

Von Evelyn Vogel, München

Es geht hier darum, einen Künstler zu ehren. Daran lässt schon der Ausstellungstitel keinen Zweifel: "Hommage" an Toni Stadler heißt die Werkschau, die die Bayerische Akademie der Schönen Künste ihrem langjährigen Mitglied ausgerichtet hat. Endlich ausgerichtet hat, wie man sagen muss. Denn die Akademie fühlt sich verpflichtet, ein längst überfälliges Versäumnis wieder gut zu machen und den vor 130 Jahren in München als Sohn des Landschaftsmalers Toni Stadler geborenen Künstler und Akademieprofessor nun mit der ersten Einzelausstellung in seiner Heimatstadt zu ehren. Ein gerade erschienenes Buch über Toni Stadler junior von Yvette Deseyve und Birk Ohnesorg (Gebrüder Mann Verlag) zu dessen Leben, Werk und Wirkung bot darüber hinaus einen passenden Anlass.

Ringförmig und luftig sind die Skulpturen Stadlers in der Akademie platziert. Die schweren, oft roh wirkenden Bronzeplastiken rücken auf Augenhöhe mit dem Betrachter. Hinter ihnen an den Wänden werden sie begleitet von seinen mit Kreide, Tusche und Aquarell ausgeführten Zeichnungen. Aber was heißt hier, ausgeführt. Leicht hingeworfen, die flächige Farbigkeit den formgebenden Strich beinahe konterkarierend wirken diese Blätter mitunter fast ephemer - und stehen damit in starkem Kontrast zu den bildhauerischen Arbeiten Stadlers. Deren Veränderung über die Jahrzehnte hinweg lässt sich in der Ausstellung übrigens bestens nachvollziehen.

Da ist zum einen die vollplastische Darstellung der "Schwimmerin" von 1931: eine glatte Mädchengestalt, ebenso naturalistisch-figurativ wie der Jünglingskopf von 1929 oder ein Knabenkopf von 1943. Der Aufbruch in die Abstraktion findet wohl in den Sechzigerjahren statt. Plötzlich stehen da nicht mehr die in Bronze gegossenen glatten Vollplastiken, sondern rohe, unvollständige Figuren, denen einzelne Extremitäten fehlen, andere dafür überproportioniert wirken. Es sind diese versehrt wirkende Torsi, mit denen der Künstler Toni Stadler den Anschluss an die internationale Moderne schaffte.

Das skulpturale Werk Stadlers umfasst etwa 200 Objekte. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Nicht nur in München sind seine Skulpturen zu finden, wie die "Aglaia" vor der Neuen Pinakothek oder die "Sitzende" im "Dichtergarten" im Finanzgarten zu Ehren Heinrich Heines, ein Denkmal, das zeitweilig heftig umstritten war. Auch in Hannover und Duisburg, in Frankfurt und Ulm stehen Arbeiten im öffentlichen Raum. Es war nun wirklich an der Zeit, Toni Stadler mit einer Einzelausstellung zu ehren.

Hommage an Toni Stadler , noch bis Pfingstsonntag, 20. Mai, Mi-So 11-16 Uhr, Bayerische Akademie der Schönen Künste, Max-Joseph-Platz 3

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: