Ausstellung:Lebenslange Leidenschaft

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Das Museum Fünf Kontinente zeigt tibetische Teppiche und andere Kostbarkeiten "Aus dem Land des Schneelöwen" und freut sich, dass die Sammlung Buddeberg im Anschluss als Schenkung im Haus bleiben kann

Von Evelyn Vogel

Mit den Teppichen fing es an. 1994, bei ihrem ersten Besuch in Lhasa, kauften Justyna und Michael Buddeberg ihre erste tibetische Knüpfware, "Nichts besonderes", erinnert sich Michael Buddeberg, "die Augen waren noch nicht geschult", schreibt er im Beitrag zum Katalog. Denn obwohl er seit frühester Jugend mit besonderen Teppichen im elterlichen Haus vertraut war und seit den Sechzigerjahren selbst Stücke aus aller Welt sammelte, betrat er in Tibet Neuland - in jeder Hinsicht. "Die Landschaft, die Menschen und die Kultur waren ungemein faszinierend", erzählt er. So wurde aus einer zufälligen Entdeckung wahre Leidenschaft für Tibet und seine Teppiche. Eine Leidenschaft, der er und seine Frau bis heute treu geblieben sind.

Mehr als 200 Stücke hat das Sammlerpaar aus Starnberg im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte auf 16 Reisen zusammengetragen. Dazu kamen Reitzubehör, häusliche Textilien, Schmuckstücke und Möbel, und - ein besonders exzentrisches Sammlungsgebiet - die Endkappen von Thangka-Stangen, an denen religiöse Gemälde aufgehängt sind. Diese Endkappen kann man sich in etwa so vorstellen wie die aufsteckbaren Verzierungen von Gardinenstangen. Nur sind die schönen Stücke, die Buddebergs aus Tibet mitgebracht haben, weitaus geschmackvoller als alles, was der heimische Wohnungsausstatter im Angebot hat. Dass aber religiöse Artefakte - auch einige Gebetsmühlen gehören dazu - überhaupt in der Sammlung sind, ist schon eher die Ausnahme. Den Buddebergs ging es vor allem um Stücke aus der Alltagskultur und der Volkskunst.

Diese dem europäischen Publikum näher zu bringen, sieht das Museum Fünf Kontinente als eine seiner vorrangigen Aufgaben. Das betont auch Bruno Richtsfeld, Stellvertretender Direktor und Leiter der Abteilung Ostasien, Sibirien und Zentralasien, bei der Vorstellung der Ausstellung "Aus dem Land des Schneelöwen", die von diesem Freitag an zu sehen ist. Das Museum hat seit den Achtzigerjahren einige Tibet-Ausstellungen im Haus an der Maximilianstraße sowie während der langen Umbauphase in den Neunzigern auch an anderen Orten in Bayern organisiert. Die Buddeberg-Sammlung konzentriert sich auf ein Sammlungsgebiet, das weniger bekannt und in der hauseigenen Kollektion kaum vertreten ist. Auch deshalb freut man sich an der Maximilianstraße, dass die Sammlung nach der Sonderausstellung peu à peu als Schenkung in den Besitz des Museums Fünf Kontinente übergehen wird. Eine "ideale Ergänzung" schwärmt Richtsfeld.

Faszinierend an den tibetischen Stücken, die zumeist Sitz- und Sattelteppiche sind, ist vor allem die Vielfalt der Muster und Farben. Wobei die Farben, genauer deren Qualität, erst einmal dafür verantwortlich war, dass tibetische Teppiche bei westlichen Sammlern lange nicht hoch angesehen waren. Denn schon früh benutzten die tibetischen Teppichknüpfer Wolle, die mit synthetischen statt mit Pflanzenfarben gefärbt waren. Was am häufigsten im Westen ankam, waren neuere Stücke, die Tibeter in den Fünfzigerjahren auf der Flucht vor der chinesischen Besatzungsarmee mitbrachten. "Das waren nicht unbedingt die alten, abgenutzten, aber kulturhistorisch wertvollen Stücke", wie Buddeberg weiß, "sondern eher die neueren Teppiche". Erst mit den westlichen Touristen, die von den Achtzigerjahren an vermehrt Tibet besuchten, gelangten auch alte Stücke in den Westen.

Heute weiß man die Qualität tibetischer Teppiche unter Sammlern durchaus zu schätzen. Auch wenn sie wegen der eher dicken Wollfäden zumeist grob gearbeitet sind. Um so schöner, dass sich die Teppiche dennoch durch feinste Muster auszeichnen. Da gibt es figurative, florale und tierische Darstellungen; traditionelle, auch spirituell geprägte Ornamente wie das Swastika-Zeichen breiten sich flächenfüllend über den Teppich aus oder ziehen sich über die Ränder; abstrakte und geometrische Designs bis hin zu monochromen Farbgebungen sind vertreten. Selten haben die Teppiche Fransen, oft sind die kurz abgeschnittenen Fäden umgenäht oder zusätzlich mit Bordüren geschützt. Neueste Untersuchungen haben ergeben, dass es sich um recht komplizierte Knüpftechniken handelt, bei denen mit "allerlei Tricks" gearbeitete werde, erzählt Buddeberg.

Sehr schön in der Ausstellung sind auch die Schmuckstücke fürs Haar - für Frauen wie für Männer. Und richtige Schatzkästlein sind die Amulett- und Reliquienbehälter, deren Silberschmiedekunst oft noch aufwendiger ist als es die Eisenarbeiten der Thangka-Stangen-Endkappen sind. Aber die sind schon als absurdes Kompositum im Deutschen bemerkenswert.

Aus dem Land des Schneelöwen. Kostbarkeiten aus Tibet 15.-20. Jahrhundert. Die Sammlung Justyna und Michael Buddeberg. Museum Fünf Kontinente, Maximilianstr. 42, 9. Dezember bis 18. Juni, Di-So 9.30-17.30 Uhr

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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