Ausstellung:Ich ist ein anderer

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Kunst mit Vogel: Jannis Kounellis Farb-Vogel-Objekt "Ohne Titel (Rimbaud)" aus dem Jahr 1980 ist im Museum Brandhorst neben Andy Warhols Kunst zu sehen. (Foto: Jannis Kounellis)

Pop Pictures People im Museum Brandhorst

Von Evelyn Vogel, München

Wie oft hat Andy Warhol wohl Rimbauds Formel "Ich ist ein anderer" für sich reklamiert? Selten bestimmt nicht, waren die beiden doch auf ihre je ganz eigene Weise Brüder im Geiste. Deshalb schließt sich in der neu eingerichteten Ausstellung "Pop Pictures People" im Museum Brandhorst mit Rimbaud auch der Kreis, der mit Andy Warhols Marilyn Medaillon von 1962 beginnt und mit Jannis Kounellis' frechem Papageien-Farbtopf-Objekt "Ohne Titel (Rimbaud)" von 1980 endet. Dazwischen: Etliche der herausragenden Warhol-Werke aus dem Bestand sowie eine ganze Reihe von Neuankäufen verschiedener Künstler aus der Sammlung Udo und Anette Brandhorst.

Die Pop-Art-Ikone Warhol ist also - zwei Jahre nach der herausragenden Schau "Yes! Yes! Yes! Warholmania in Munich" - im Museum Brandhorst wieder richtig präsent. Für die aktuelle Schau hat man die sechs Kabinette im Untergeschoss reserviert. Dort werden Werke Warhols aus den Sechziger- bis Achtzigerjahren Highlights und Neuwerbungen von Alex Katz, Cady Noland, Jeff Koons, Michel Auder, Monika Baer, Keith Haring, Louise Lawler, Elaine Sturtevant und Christopher Wool gegenübergestellt. Gegliedert nach Themen wie Kommerz, Kitsch, Gewalt, Identität wollen die Kuratoren Patrizia Dander und Tonio Kröger Einblicke in das Erbe Warhols geben, die Frage nach Individualität und Abstraktion stellen sowie Bezüge der Künstler untereinander herstellen. Das gelingt vielfach auch recht gut, wenngleich sich - wie so oft bei diesen Kategorisierungen - das eine oder andere Werk ebenso leicht einem anderen Thema oder Kapitel zuordnen ließe.

Am Anfang aber steht die Reproduzierbarkeit. Und allein die Warholschen Werke in diesem Raum holen weit aus, gehen zurück in die Vergangenheit und vorwärts in die Zukunft. So erinnern die goldfarbenen Siebdrucke von Marilyn Monroe und Jackie Kennedy in Medaillonform an altertümliche, ihre Auftraggeber glorifizierende Gemälde. Wobei Marilyns Porträt nach deren Tod, das von Jackie nach der Ermordung ihres Mannes, des US-Präsidenten John F. Kennedy, entstanden sind. Seine serielle Vervielfachung von Natalie Wood korrespondiert außerordentlich gut mit dem seriellen Charakter des Gemäldes "Das schwarze Kleid" von Alex Katz, in dem dieser seine Frau Ada fast wie in einer Familienaufstellung in verschiedenen Haltungen in ein und dasselbe Bild setzte.

Bild und Abbild, Image und Picture - wie viel Authentizität kann einem vervielfachten Bild noch zugeschrieben werden? Mit die spannendste Gegenüberstellung zu diesem Thema erwartet die Besucher in dem Raum, in dem Warhol auf Elaine Sturtevant trifft. Die amerikanische Malerin, die bereits Mitte der Sechzigerjahre begann, die Werke von zeitgenössichen Künstlern zu kopieren, hinterfragte das Verhältnis von Original und Reproduktion in mehrfacher Hinsicht. Während Warhol in seiner Factory in kürzester Zeit mehr als 900 Arbeiten seiner "Flowers" herstellen ließ und damit die Kunstproduktion zu einem Durchlauferhitzer machte, negierte Sturtevant von Anfang an die Authentizität des Künstlers. "Ich ist ein anderer?" Man könnte auch sagen: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?"

Pop Pictures People. Museum Brandhorst, Türkenstraße 19, Di-So 10-18 Uhr, Do bis 20 Uhr, bis 8. April 2018

© SZ vom 30.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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