Ausstellung:Grober Klotz mit viel Gefühl

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"Der weiße Brief" heißt dieses Gemälde von Max Feldbauer. (Foto: Gemäldegalerie Dachau)

Der Maler Max Feldbauer war in den Dreißigerjahren nicht nur in und um München äußerst erfolgreich. Dann aber ging's bergab. Die Gemäldegalerie Dachau erinnert an den Künstler mit der tollen Villa

Von Sabine Reithmaier, Dachau

"Bums, wums, zschi, bum - Kontur herum, fertig. Braun - Blau". Lapidar beschreibt Max Feldbauer in einem Brief 1935 den Malstil George Braques. Nicht gerade eine differenzierte Kunstbesprechung, aber die Beschreibung in Comic-Sprache verdeutlicht gut, wie wenig der "Malerprofessor" von tiefgründigen Kunstdiskursen hielt. Auch wenn er selbst fand, dass er an den eigenen Werken zu lang "herumdoktert", so ist der Drang zum Reduzieren und Verkürzen auch in seinen Werken spürbar. Feldbauer malte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, lebenslang nur zwei Motive: Frauen und Pferde. Aber die so gut und so ungewöhnlich, dass man sich in der Ausstellung der Gemäldegalerie Dachau ein wenig wundert, warum er so sehr in Vergessenheit geraten ist.

1944 hatte der gebürtige Oberpfälzer seine letzte große Ausstellung im Münchner Stadtmuseum. Dann kam nichts mehr, bis sich Elisabeth Boser, Leiterin der Gemäldegalerie Dachau, auf Spurensuche begab. Es ist beeindruckend, was sie alles an Ölgemälden, Briefen und Fotos zusammengetragen hat, um den Lebensweg eines Malers darzustellen, der großartig begann und belanglos endete. Feldbauer hat etliche Jahre in Dachau gelebt. 1910 hatte er sich in Mitterndorf auf dem Giglberg ein Haus gebaut, ein viel bewundertes Anwesen mit fantastischer Aussicht in die damals unverbaute Mooslandschaft. 41 Jahre war er da alt und finanziell so abgesichert, dass er sich nicht nur das Luxushaus, sondern auch ein Reitpferd leisten konnte. Aber das war wohl selbstverständlich für einen Mann, der als "der" Pferdemaler Münchens galt.

Seine ersten Erfolge hatte er nach seiner Ausbildung an der Münchner Akademie von 1896 an als Zeichner und Karikaturist der Zeitschrift Jugend gefeiert. Dazu kam das Einkommen, das er als Lehrer an der Damenakademie in München erhielt. Und natürlich verkauften sich seine Bilder, die von 1900 an in vielen großen Ausstellungen auftauchten, ziemlich gut.

Von Anfang an beschränkt sich Feldbauer auf seine wenigen Motive, malt anfangs bäuerlich derbe Frauen in Dirndlkleidern oder schwere Ackerpferde. Die detailgetreue Wiedergabe interessiert ihn nicht. Er reduziert die Form auf wesentliche Momente, um sich dann ganz auf Farbe zu konzentrieren. Ihre Möglichkeiten lotet er in schier endlosen Variationen aus, nutzt sie, um Bewegung auszudrücken. Das schwer beladene Vierergespann sprengt wie eine rote Wolke auf den Betrachter zu, sofort zieht man unwillkürlich den Kopf ein. Eigentlich ein Motiv, das Feldbauer 1904 zu Werbezwecken für eine Brauerei gestalten sollte - das Plakat selbst fiel realistischer aus als das beeindruckende, düster leuchtende Gemälde, das, wie fast all seine Werke, spontan hingefetzt wirkt. Nicht so, als hätte Feldbauer sich viel Gedanken gemacht. Tatsächlich lehnt er Korrekturen oder Übermalungen ab, einmal gesetzte Pinselstriche blieben stehen.

"Sogenannte Phantasie liebe ich nicht, darum hielt ich mich der Komposition fern: ein Kopf, eine Figur, ein Akt, ein Roß genügten mir vollkommen", schreibt er 1930 in einem Katalogtext. Er wählt extreme Bildausschnitte, schneidet die Figuren an, die seltsam isoliert im Vordergrund stehen, ein konkreter Ort im Hintergrund lässt sich nur selten ausmachen. Überhaupt will er seinen Stil nicht als Impressionismus verstanden wissen. "Improvisationismus" sei der bessere Ausdruck, findet er. "Ich stelle mich hin und fing an und hörte auf. Fertig!"

Auffallend ist, wie sehr sich in seiner Dachauer Zeit die Farben ändern. Die Bilder werden heller, freundlicher, er malt auch feiner, nicht mehr so erdenschwer. Doch lang kann er sein Haus nicht genießen. Die ersehnte Professur an der Münchner Akademie lässt auf sich warten. Dafür kommt ein Angebot aus Dresden. Erst unterrichtet er ein Jahr dort an der Kunstgewerbeschule, dann erhält er eine Professur an der Kunstakademie, verkauft 1919 seine "Burg", wie er das Dachauer Haus nannte, und zieht mit Frau Elise an die Elbe. Er mag die Stadt nicht und muss doch dort 20 Jahre leben, unterrichten, unter anderem Otto Dix.

Er malt viel, auch ganz seltsame Akt-Darstellungen. Oft drängen sich die Frauenkörper eng aneinander, die Gesichter nur Masken mit Lippenstift und großen Augen. Feldbauer konzentriert sich auf die unterschiedlichen Farbschattierungen der Haut. Dann wieder spachtelt er die Farbe richtig dick auf die Leinwand, was den Köpfen eine ungeheure Plastizität verleiht, sie aber auch entstellt. Ein Schmeichler war er nie, das nur "Schöne" blieb ihm suspekt.

Geradlinig und unverblümt war er wohl auch im Leben. "Bayerisch sieht er aus; er kommt auf der Straße steil wie ein Turm daher. Er ist bayerisch grob, sehr grob und deshalb nicht wenig gefürchtet von denen, die ihm verquer in den Weg laufen", schrieb Adolf Schinnerer 1929 in den Münchner Neuesten Nachrichten.

1934 verliert er, inzwischen Präsident der Kunstakademie, seine Stelle. Nicht wegen der Nazis, sondern weil er seinen Amtspflichten schon seit zwei Jahren nicht mehr ausreichend nachkam. Mit der Rückkehr nach München beginnt der unrühmliche Teil seiner Biografie. Er versucht, in die NSDAP einzutreten, auch weil er, so vermutet Elisabeth Boser, nach 20 Jahren Dresden im Münchner Kunstleben keine Rolle mehr spielt und bei Ausstellungen regelmäßig ausjuriert wird. Der Eintritt klappt erst 1937 im zweiten Anlauf, weil seine Malerei als "französisch gesinnt" gilt und seine Kunst in keiner Weise den nationalsozialistischen Vorstellungen entspricht. Der Erfolg aber kehrt trotzdem nicht zurück. Gewürdigt werden nur seine deutlich unverfänglicheren Lithografien.

Er selbst hatte wohl auch seine Kraft verloren. Es reicht nach 1934 nur mehr für spannungslose Landschaften und kitschige Gebirgspanoramen. Als er 1948 in Straubing stirbt, ist er bereits vergessen.

"Akt und Roß genügten mir . . ." Der Maler Max Feldbauer 1869-1948, bis 28. Februar, Gemäldegalerie Dachau. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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