Ausstellung:Ein Bunker treibt Blüten

Lesezeit: 3 min

Der Schutzraum an der Blumenstraße soll zu einem Architekturzentrum umgebaut werden. Von Donnerstagabend bis Sonntag gibt es Ausstellungen, Vorträge, Diskussionen und Führungen

Von Evelyn Vogel

Noch ist die Freitreppe zum Eingang im ersten Stock abgesperrt. Von Donnerstagabend an werden alle Besucher den Hochbunker an der Blumenstraße über diese Treppe betreten können. Dann wird auch die Lichtinstallation mit dem Europa-Schriftzug auf der Fassade leuchten. Vier Tage lang wird der Bunker zunächst zugänglich sein. Währenddessen werden Fotografien von Rainer Viertlböck gezeigt, es gibt Vorträge und Führungen zur Stadtentwicklung Münchens und die Baugeschichte von Bunkern. Doch das ist nur die Sneak-Preview zu einem Vorhaben, das außerordentlich ambitioniert ist. Und das den Stillstand, in dem der Bunker seit Jahrzehnten verharrt, endgültig beenden soll.

Der Hochbunker an der Blumenstraße, auch "Blumenbunker" genannt, war einer der ersten Schutzbunker Münchens. Erbaut 1941 sollte er auf 600 Quadratmetern bis zu 1200 Menschen Schutz vor Luftangriffen bieten. Die Freitreppe und das aufgesetzte Zeltdach dienten nur der Tarnung. Nach dem Krieg war der Bund dafür zuständig und hielt ihn in Schuss. Erst vor Kurzem wurden die Schutzbunker in Bundesverwaltung für die öffentliche Nutzung freigegeben.

Nun soll der "Blumenbunker" zu einem "Haus der Baukultur" werden, das über die Planungsgeschichte Münchens informiert. So hat es der Kommunalausschuss des Stadtrats Mitte September beschlossen. Deshalb wird es eine Dauerausstellung zur Stadtentwicklung geben, die vor Jahren entstand und unter anderem im Stadtmuseum gezeigt wurde, die aber derzeit wenig beachtet ihr Dasein im Planungsreferat fristet. Darüber hinaus soll ein digital erstelltes Stadtmodell präsentiert werden. Der Bunker soll aber nicht nur der Historie gewidmet sein. Er soll auch als Plattform dienen, um aktuelle Architekturthemen zu verhandeln. Dafür wird die Architekturgalerie sorgen, die hier ihr neues Zuhause finden wird. Entstehen soll nichts weniger als ein Architekturzentrum, das in Europa seinesgleichen sucht.

Treibende Kraft hinter diesem Kraftakt sind zwei Menschen, die nicht so schnell aufgeben: Nicola Borgmann und Gerhard Gross. Borgmann ist Architektin, leitet seit vielen Jahren die Architekturgalerie an der Türkenstraße und stellt mit ihrem kleinen Verein interessante Ausstellungen und begleitende Veranstaltungen auf die Beine. Gross war viele Jahre im Planungsreferat tätig und hat die schon erwähnte Dauerausstellung zur Planungsgeschichte Münchens kuratiert.

Zwei Tage vor der Eröffnung werkeln sie gemeinsam mit etlichen Unterstützern daran, den Bunker für die Schnuppertage herzurichten. Auch Rainer Viertlböck, der Fotograf, der durch seine München-Fotografien und seine Oktoberfest-Serie einem breiten Publikum bekannt wurde, tackert seine bis zu vier Meter breiten, auf Leinwand gedruckten Fotos vom Atlantikwall eigenhändig an die Wände. Das Bunker-Thema wird hier noch einmal von einer anderen Seite her beleuchtet.

Am Hochbunker an der Blumenstraße packen alle mit an. Der Architekturgalerieverein hofft darauf, den Bunker in Erbpacht von der Stadt übernehmen zu dürfen. Das Nutzungskonzept ist schon sehr weit gediehen. Nicola Borgmanns Augen fangen an zu leuchten, wenn sie davon erzählt.

Geplant ist, den Bunker in Zukunft über die Freitreppe zu betreten. Wo man heute noch auf eine Wand stößt, soll sich dereinst der Blick ins Erdgeschoss eröffnen. Denn sowohl hier als auch zwei Stockwerke darüber soll jeweils eine der niedrigen Decken verschwinden, sodass sich die Räume über zwei Etagen erstrecken. Unten wird es ein Café und eine Bibliothek für Stadtplanung, Architektur und Design geben. Darüber kommen die Wechsel- und Dauerausstellungen und das Stadtmodell sowie Vortrags- und Verwaltungsräume. Auch für das Dachgeschoss hat Borgmann große Pläne. Die vier kleinen Luken, die bislang nur etwas Licht unter das imposante Zeltdach lassen, sollen vergrößert werden, sodass man auf allen vier Seiten den herrlichen Ausblick auf die Altstadt genießen kann. Und bei Vernissagen kann man bei schönem Wetter den Bereich zwischen Bunker und Schrannenhalle nutzen: Dolce Vita an der Blumenstraße.

Doch bis es soweit ist, liegt noch viel Arbeit vor Borgmann, Gross und all den anderen. Brandschutz, Heizung, Fluchtweg sowie die Versorgungseinheiten für das Café müssen eingebaut und die Sanitäranlagen erneuert werden. Und damit das Café Tageslicht bekommt, sollen die 1,30 Meter dicken Wände mindestens an einer Stelle aufgesägt werden. Borgmann und ihre vielen Mitstreiter hoffen, dass dieser Plan auch beim Denkmalschutz auf Zustimmung trifft. Denn: Jetzt geht's los. Und bis alles fertig ist, wird hier auch kein Stillstand mehr einkehren.

Blumenbunker, Blumenstr. 22, Eröffnung: Do., 19 Uhr, Ausstellung und Vorträge: Fr, 16-21 Uhr, Sa, 16-22 Uhr, So 13-18 Uhr

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: