Ausstellung:Die eigene Form

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Hiawatha Seiffert und seine Siegerarbeit: eine Schale aus Maschinenketten. (Foto: Ulrike Schuster)

Herausragende kunsthandwerkliche Leistungen: In der Villa Stuck wird der Danner-Preis vergeben

Von Ulrike Schuster

Grenzen überschreiten, die Tradition mit der Moderne mischen, das Handwerk mit der bildenden Kunst. So versteht Hiawatha Seiffert seine Arbeit. Das ist eine kiloschwere Schale, geschmiedet und geschweißt aus vielen Metern Maschinenkette vom Schrottplatz. "Danach beginnt das Spiel mit Feuer und Hammer", sagt der 44-jährige Gestalter aus Augsburg. Er legte die Kettenschichten übereinander, erwärmte sie über dem Feuer, schlug sie mit dem Amboss platt, grub sie mit den Händen zur Schale aus, schuf Risse, Löcher ins Metall. Das tat er immer wieder, bis er das Gefühl hatte, mit seinen Händen neue Kunst geschaffen zu haben. "Wenn aus dem Alten etwas Neues geworden ist, das Alte aber immer noch zu erkennen ist." Wenn aus Handwerk und experimenteller Kunst ein Design-Objekt entstanden ist - unverwechselbar in Material, Ästhetik und Funktion. Ein Einzelstück von Hand gemacht und als herausragend-innovatives Kunsthandwerk mit dem Danner-Preis 2017 ausgezeichnet wurde.

Das "solide, bodenständige Kunsthandwerk" in Bayern zu pflegen, zu stärken und immer wieder sichtbar zu machen - das ist die Mission der fast 100 Jahre alten Danner-Stiftung, gegründet von der Ökonomieratswitwe Therese Danner. Sie wollte den Handwerker von existenziellen Nöten befreien und frei für die Kunst machen, zumindest einen Beitrag leisten.

Deshalb gibt es den Danner-Preis. Das sind 15 000 Euro, die eine internationale Fachjury für herausragende kunsthandwerkliche Leistungen im Dreijahres-Turnus vergibt. 2017 tut sie das zum zwölften Mal. Weitere 12 000 Euro Fördergeld verteilen sich auf Christoph Leuner für einen Hohlkörper aus amerikanischem Nussbaumholz, Michael Becker für eine Lapislazulikette, Barbara Schrobenhauser für eine filigrane Kette aus geschichtetem und genietetem Kupfer und Gisbert Stach für Broschen in Schnitzelform.

Ihre Arbeiten und 35 weitere Kunsthandwerksstücke sind in der Villa Stuck zu sehen. 200 bayerische Kunsthandwerker haben am Wettbewerb teilgenommen. Es sind Designobjekte aus Keramik, Holz, Textil, Glas und Stein auf zwei Stockwerken. Schmuck, Möbel und Objekte in drei Räumen der ersten Etage, die fünf Siegerpreise in je einem Raum der zweiten Etage. "Je bunter der Mix aus Materialien und Objekten, desto dringender braucht es die Ordnung", sagt Isolde Bazlen, verantwortlich für die Ausstellungsarchitektur. Struktur mache das Chaos erst aufregend.

Die Konzeption der Ausstellung passt zum Selbstverständnis der Handwerker: Gedacht wird nicht mehr in Kategorien und Grenzen von Genres. Keiner gibt sich mit dem zufrieden, was schon immer war. Sie stellen das Tradierte in Frage. Jeder will seinem Material den eigenen Stempel aufdrücken, sich selbst und seinen Kunststil unverwechselbar machen. Dafür fischen sie im Trüben, experimentieren sich durch die Bereiche von Handwerk über Design bis zur bildenden Kunst - solange, bis die eigene Formensprache steht. "Manchmal dauert es ein bis Jahre bis ein Objekt fertig ist", sagt Seiffert. Er nennt das "Kunst, die wächst". Kunst müsse heute besonders sein, weil der Mensch sein Leben nicht irgendwie, anonym und allgemein, sondern ganz besonders gestaltet haben will: geschmackvoll, auf ihn zugeschnitten, bedienbar und langlebig. Das Kunsthandwerk in der Villa Stuck präsentiert diese Sehnsucht: Einzelstücke. Von Hand gemacht - funktionabel und nicht in Serie zu haben.

Danner-Preis 2017, Do., 12. Oktober bis 7. Januar 2018, Preisverleihung: Mi., 11. Okt. 19 Uhr, Villa Stuck, Prinzregentenstr. 60

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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