Auktion:Die Pistole des Poeten

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(Foto: dpa)

An einem Julinachmittag im Jahr 1873 beendete der Dichter Paul Verlaine eine Eifersuchtsszene, indem er auf seinen Geliebten Arthur Rimbaud schoss. Nun wurde der Revolver, der Literaturgeschichte schrieb, in Paris versteigert.

Von Joseph Hanimann

Dieser Revolver hätte beinah die Literaturgeschichte verändert. Der Dichter Paul Verlaine hatte das 7-Millimeter-Kaliber der Marke Lefaucheux mit den sechs Kammern an einem Julimorgen 1873 bei einem Waffenhändler namens Montigny in Brüssel gekauft. Am Nachmittag schoss er damit im Hotelzimmer zweimal auf seinen Freund und Geliebten Arthur Rimbaud.

Die beiden hatten gerade ein bewegtes gemeinsames Jahr in London hinter sich, und der zehn Jahre jüngere Rimbaud packte beim Zwischenaufenthalt in Brüssel den Koffer zur Abreise. "Da! Für dich! Da du abhaust" - soll der Ältere beim Abdrücken gerufen haben. Der erste Schuss verletzte den Dichterfreund am Handgelenk, der zweite ging in den Hotelzimmerboden. Verlaine saß danach fast zwei Jahre im Gefängnis, während Rimbaud sein Meisterwerk "Eine Zeit in der Hölle" verfasste.

Der von der Polizei beschlagnahmte Revolver gab dann über ein Jahrhundert lang Ruhe. Irgendwann tauchte er aber wieder auf und wanderte in den letzten Jahren als Zeuge des legendären Dichterstreits durch Ausstellungen und wurde nun bei Christie's in Paris für 434 000 Euro versteigert. Man zweifelt, was unglaublicher ist: die Echtheit, die Geschichte oder der Verkaufspreis. Erwiesen ist, dass die Brüsseler Polizei die Waffe nach dem Prozess dem Waffenhändler Montigny zurückgab. Später will ein Sammler namens Jacques Ruth das Objekt 1981 erworben haben. Er ließ es begutachten, mit positivem Ergebnis. "Alles stimmt", erklärt der Verlaine-Kenner Bernard Bousmanne, Leiter der Manuskriptabteilung der Königlichen Bibliothek Belgiens, in der die meisten Akten der Verlaine-Rimbaud-Affäre aufbewahrt werden. Ein anderer Sammler will zwar ebenfalls im Besitz der Schusswaffe sein - er habe sie schon 1961 erworben. Doch kann er dafür keine Belege vorweisen. Das Auktionshaus Christie's gab seinerseits ein Gutachten in Auftrag und fand die Echtheit bestätigt. Die Herstellungsnummer 14096 entspreche im Verkaufsregister des Hauses Montigny dem Namen Verlaines, heißt es. Doch auch das lässt sich nur indirekt nachweisen. Bleibt der Verkaufspreis. Angesetzt war er im Auktionskatalog ursprünglich mit gut 50 000 Euro.

Die Vervielfachung der Summe ist nun der klare Beweis, dass zumindest einer felsenfest an die Echtheit der Waffe glaubt.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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