Wolfgang Schäuble:Umstrittener Wechsel

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Finanzminister Schäuble soll Bundestagspräsident werden. Lesern gefällt das nicht - aus unterschiedlichen Gründen.

"Schäubles neuer Beruf: AfD-Dompteur" vom 2./3. Oktober und "Geeignet wie kaum ein anderer" vom 28. September:

Als Finanzminister unschlagbar

Offenbar reichte der Wahlschock nicht, um weitere Torheiten der Parteien, wie sie zur Zeit fast täglich erfolgen, zu verhindern: den Verzicht von Martin Schulz auf das Amt des SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, den Vorschlag von ausgerechnet Alexander Dobrindt für den Posten des Sprechers der CSU-Landesgruppe im Bundestag und die geplante Opferung des bisherigen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble für koalitionspolitische Zwecke. Nach der Rede des französischen Präsidenten an der Sorbonne könnte der "alte Fuchs" für die BRD und die EU wichtiger werden, als er es je war, wenn es darum geht, französischen Pokerfaces standzuhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel schaffte das in Deauville nicht (siehe Martin Winter: "Das Ende einer Illusion", Süddeutsche Zeitung Edition).

Wolfgang Schäuble könnte in nächster Zeit als verhandlungsstarker Finanzminister für unser Land weit wichtiger sein denn als Aufpasser und Bändiger des "gärenden Haufens" AfD. Albert Hagn, Ravensburg

Eiskalter Machtpolitiker

Warum ausgerechnet Wolfgang Schäuble zur Lichtgestalt des Parlamentarismus stilisieren? Der von ihm verhandelte deutsch-deutsche Einheitsvertrag ist zumindest als ambivalent zu bewerten. Doch die "wilde Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft" an der er beteiligt war, hat seinerzeit Heribert Prantl selbst - zu Recht! - als höchst unmoralisch gegeißelt. Ein Lehrbeispiel für die AfD zum Thema zynische Machtpolitik auf Kosten des gesellschaftlichen Friedens. Hat Schäuble denn jemals Reue gezeigt? Später wurde er sehr zu Recht "geschmäht als Zuchtmeister der Südeuropäer".

Dann seine verantwortungslose Politik der Exportüberschüsse, sein Ammenmärchen von der schwäbischen Hausfrau als Vorbild für Volkswirtschaftler; sein festes Zupressen beider Augen, als die Cum-Ex-Banker unsere Staatskasse plünderten, die zu hüten er ja geschworen hatte ... Wolfgang Schäuble ist wahrlich keine Sphinx, sondern ein eiskalter Machtpolitiker. Ferenc Kölcze, München

Trübe Aussichten

Angela Merkel wünscht sich Wolfgang Schäuble als Bundestagspräsidenten. Das bedeutet die Fortsetzung der bisherigen Politik. Mit Schäuble hätte sie ihren treuesten Unterstützer an der Spitze des Parlaments. Das sind trübe Aussichten für eine neue Debattenkultur. Es gäbe sicherlich geeignetere Kandidaten. Marieluise Fieger-Besdziek, Freiburg

© SZ vom 06.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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