Weitere Briefe:Ignorieren, ja und nein

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Auf die Äußerungen des neuen US-Botschafters in Berlin zu Europas Konservativen muss nach Ansicht eines Lesers streng reagiert werden. Weniger Bedeutung beimessen sollte man dagegen sozialen Medien, meint ein anderer.

Ausweisung wäre berechtigt

Indem der Kommentar " Botschafter aus Trumpistan" vom 5. Juni sich darauf beschränkt, die Äußerungen des US-Botschafters Grenell als "Tabubruch" und Verstoß gegen die "Etikette" zu bezeichnen, verharmlost er dieses Verhalten ganz erheblich. Tatsächlich handelt es sich hier nicht lediglich um eine Ungehörigkeit, sondern um einen Verstoß gegen völkerrechtliche Bestimmungen, nämlich Art. 41 des Wiener Abkommens über die diplo-matischen Beziehungen. Dort ist in Absatz 1 festgelegt, dass Mitglieder des diplomatischen Dienstes, die Vorrechte und Immunität genießen, dem Empfangsstaat gegenüber verpflichtet sind, "sich nicht in dessen innere Angelegenheiten einzumischen". Dies hat der Botschafter getan.

Es geht hier nicht um die Frage, ob Grenell die "klassische Botschafterrolle abgelegt" hat, was immer man unter einem "klassischen" Botschafter verstehen mag. Er ist Botschafter im Sinne von Art. 14 des Wiener Übereinkommens. Dies ist ein öffentliches Amt, dessen Rechte und Pflichten in diesem Abkommen festgelegt sind und die der Inhaber des Amtes nicht abändern kann, indem er es nach seinem (oder des Entsendestaates) Gusto umgestaltet. Wenn er dies meint tun zu dürfen, und sich wie ein "nicht-klassischer" Botschafter verhält, überschreitet er seine gesetzlichen Befugnisse und ist deshalb als Botschafter für den Empfangsstaat ebenso wenig tragbar wie zum Beispiel im Falle einer schweren Straftat.

Deshalb ist die von mehreren Seiten erhobene Forderung, Grenell wegen der begangenen Rechtsverletzung aus Deutschland auszuweisen, durchaus berechtigt.

Aksel Ritter, Koblenz

Einfach ignorieren

"Delete all" vom 1. Juni: Dem wohl utopischen "Delete all" würde ich ein realistischeres "Ignore all" entgegensetzen: Gerade Qualitätsmedien wie die SZ sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen und aufhören, fragwürdiger "Schwarmintelligenz" und anonymen "Shitstorms" in den sozialen Netzwerken ein breites Forum zu geben! Jeder Leserbriefschreiber muss seine Kontaktdaten nennen, während den unzähligen Irren und Idioten, Lügnern und Lästerern, die sich unter Pseudo-Namen in den sozialen Medien tummeln, volle Aufmerksamkeit geschenkt wird, die sie in ihrem Tun natürlich weiter bestärkt.

Dr. Paul Georg Fischer, Augsburg

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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