Wechselmodell:Nur im Idealfall vernünftig

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Vor Kurzem wurden im Buch Zwei mehrere Familien vorgestellt, die nach Trennung der Eltern das sogenannte Wechselmodell praktizieren: Die Kinder wohnen zwei Wochen bei Papa, zwei Wochen bei Mama. Eine Leserin meint, das funktioniere nur selten.

"Eine Woche Mama, eine Woche Papa" vom 6./7. Mai:

Es soll Unterhalt gespart werden

Das Wechselmodell geht von dem Idealfall vernünftiger Eltern aus, die ihre eigenen Bedürfnisse und Kränkungen zurückstellen können, um ihren Kindern das neue Leben nach der elterlichen Trennung und Scheidung zu erleichtern. Solche Eltern erlebt man selten, wenn beim Familiengericht um den Lebensmittelpunkt der Kinder gestritten wird. Auf die objektiv notwendigen Lebensverhältnisse beider Eltern für ein Gelingen des Wechselmodells (vor allem Nähe der jeweiligen Wohnungen) wird wenig Wert gelegt, wenn jeder Elternteil "sein Recht" verlangt. Viele der professionellen Verfahrensbeteiligten haben meine eigene Erfahrung bestätigt, dass es sehr häufig darum geht, Unterhalt zu sparen. Auf den bis heute sinnvollen Grundsatz der Kontinuität wird nach meiner Meinung zu leicht verzichtet und den Kindern ständiger Wechsel abverlangt. Die Folgen werden sich mangels existierender Forschung erst viel später zeigen.

Das Wechselmodell ist nur vertretbar, wenn es zur Befriedung der Eltern führt. Deshalb kam der Beifall für das Urteil des BGH überwiegend aus der falschen Ecke. Es wird übersehen, dass das höchste Gericht in erster Linie auf den Einzelfall abstellt. Wenn sich ein Vater schon vor der Trennung viel um die Erziehung seiner Kinder gekümmert hat, sollte er nicht auf den durchschnittlichen 14-tägigen Wochenendumgang reduziert werden. Das Wechselmodell ist aber nicht geeignet, frühere Defizite zu kompensieren. Elisabeth Mach-Hour, München

Doppelresidenz als Regelfall

Gleichberechtigung in der Erziehung nach Trennung der Eltern dient den Kindern in Deutschland ebenso wie in den Ländern, die dies längst einführten. Der Weg zum Familiengericht mit Antrag auf alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht ist eine Eskalation und macht die Kinder zum Streitgegenstand, was ihrem Wohl schadet. Die Doppelresidenz soll Regelfall sein, solange die Eltern nicht eine andere Vereinbarung zur Betreuung ihrer Kinder treffen. Dies erfordert mehr Mediation und Familienberatung, doch spart es Richterstellen. Ein neues Unterhaltsberechnungsmodell, das auf "gleiche Rechte, gleiche Pflichten" aufbaut, existiert bereits. Die Kinder lernen dann von ihren Eltern ein besseres Konfliktlösungs- und Beziehungsverhalten, als es gegenwärtig (in streitigen Fällen) der Fall ist. Dr. Harald von Herget, Starnberg

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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